Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Mädchenfortbildungsschule

Alsterdamm 9 (Wirkungsstätte) heute: Ballindamm seit 1947
Siehe auch unter: Frauen-Verein zur Unterstützung der Armenpflege
Der „ Frauen-Verein zur Unterstützung der Armenpflege“ eröffnete am 29. Januar 1850 am damaligen Alsterdamm 9 – heute Ballindamm – eine Mädchenfortbildungsschule. Die Idee dazu hatte Emilie Wüstenfeld und wollte damit zu einer Ausbildungsmöglichkeit für Mädchen anregen. Dazu schrieb die Berufsschulpädagogin und Frauenrechtlerin Olga Essig 1926 in ihrer Abhandlung „Von den Anfängen des hamburgischen Mädchenberufsschulwesens“: „Man wollte diesen [den jungen Mädchen] zunächst vor ihrem Eintritt in häusliche Dienste eine Unterweisung geben in allen häuslichen und Handarbeiten, weil ‚die Unterweisung, die diese Kinder im elterlichen Hause empfangen können, so mangelhaft ist, daß sie fast gänzlich unwissend dastehen, wenn sie selbständig ins Leben hinaustreten sollen…‘. Eine Kommission für das Mädcheninstitut legte die folgenden näheren Bestimmungen vor:
1. Der Verein beabsichtigt, junge Mädchen, die ihr späteres Fortkommen durch sich selbst finden sollen, die aber noch ein Jahr wenigstens durch die Mittel ihrer Eltern existieren können, für ihre künftige Stellung möglichst auszubilden, teils durch Unterricht, teils durch eigene Anweisung im Häuslichen.
2. Die Eltern stellen ihre Töchter den Mitgliedern des Vereins für die Zeit von 8 Uhr morgens bis 8 Uhr abends zur Verfügung. Jungen Mädchen, die sich schon nützlich machen können, wird etwaige ausnahmsweise Beschäftigung in früheren oder späteren Tagesstunden vergütet.
3. Der Verein sucht möglichst viele Unterschriften von Hausfrauen, die die jungen Mädchen einen Tag wöchentlich in ihrem Haushalt beschäftigen möchten, zu sammeln, um danach die Zahl der aufzunehmenden Zöglinge zu bestimmen. Die unterschreibenden Damen werden gütigst andeuten, in welchen Zweigen besonders sie dieselben beschäftigen könnten.
4. Der Verein bestrebt sich, gemeinschaftlich mit den Eltern der Zöglinge das sittliche Verhalten der Letzteren möglichst zu überwachen.
5. An zwei Tagen wöchentlich wird den jungen Mädchen Unterricht im Nähen, Stopfen, Ausbessern und Schneidern erteilt, wozu die Stunden von 11 bis 3 Uhr festgesetzt sind. Außerdem haben sich einige Damen erboten, Unterricht im Rechnen, Schreiben, in deutscher Sprache usw. zu geben.
6. Um die erwachsenen kleinen Kosten zu decken, bezahlt jede Dame für den von ihr empfohlenen Schützling 2 M Eintrittsgeld,
7. Über jeden Zögling übernimmt immer eine Dame der Kommission die speziellere Aufsicht, und an diese würde sich sowohl das junge Mädchen als die dasselbe beschäftigende Damen mit etwaigen Klagen zu wenden haben.“ [1]
Mit einer Schneiderstunde für vier Mädchen wurde gestartet. Bereits zwei Monate später, im März waren „bereits neun Zöglinge aufgenommen und sieben andere angemeldet. Gegen Ende des Jahres erstattete Fräulein Mohrmann als Kommissionsmitglied einen Bericht über den erfreulichen Fortgang des Instituts. Sie betonte vor allem die besondere sozialpädagogische Aufgabe des Unternehmens: ‚Es muß das Verhältnis zwischen den armen und reichen Klassen durchgreifend anders sich gestalten und der unendliche Raum, der beide voneinander zu trennen scheint, ausgefüllt werden. Dies wird dadurch angebahnt werden müssen, daß auch den Unbemittelten Gelegenheit gegeben werde, ihre Fähigkeiten auszubilden und sich Kenntnisse zu verschaffen, um dadurch eine richtige Weltanschauung zu gewinnen.‘ Im Anschluß daran berichteten zwei Vorstandsmitglieder von ähnlichen Bestrebungen in anderen deutschen Städten, die sie auf einer Reise kennengelernt hatten. So erzählten sie von einer Fortbildungsschule in Hanau, die von 140 Mädchen besucht wurde, von denen die meisten bereits in Fabriken arbeiteten.“ [1]
Aus den Ausführungen von Olga Essig wird deutlich, dass diese Fortbildungsschule für Mädchen, die der Unterschicht angehörten, eingerichtet worden war, damit diese als Erwachsene einer Erwerbstätigkeit nachgehen konnten. Denn für Frauen aus der Unterschicht galt nie das bürgerliche Ideal, nach der Heirat nur als Hausfrau und Mutter und Ehefrau tätig zu werden.
Siehe dazu auch: Zeichenschule für Mädchen; siehe dazu auch: Spinnschule.
Für Mädchen aus dem Bürgertum siehe weiter unter: Hochschule für das weibliche Geschlecht.
Siehe aber auch: Gewerbeschule für Mädchen
Text: Rita Bake
Quelle:
1 Olga Essig: Von den Anfängen des hamburgischen Mädchenberufsschulwesens. Hamburg 1926, S.10ff.
 

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