Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Ihre Suche

Ilse Frapan

( Elise Therese Levien, Pseudonym: Ilse Frapan-Akunian )
(3.2.1849 Hamburg – 2.12.1908 Genf)
Schriftstellerin
Große Drehbahn 7 (heute: Drehbahn) (Wohnadresse als Kind, Vater E. Levien, Instrumentenmacher)
Neustädter Straße 84 (spätere Wohnadresse)
Namensgeberin für: Frapanweg
Ilse Frapan, Quelle: Staatsarchiv Hamburg
Tochter des Instrumentenmachers und späteren Pianofortefabrikanten Carl Heinrich Eduard Levien und dessen Ehefrau Marie Therese Antoinette, geb. Gentzsch. Ilse Frapan wurde evangelisch-lutherisch getauft. Um nicht als Jüdin erkannt zu werden, nahm sie den Namen Ilse Frapan an und ergänzte ihn später um den zweiten Namen Akunian. Bevor Ilse Frapan Schriftstellerin wurde, arbeitete sie 14 Jahre lang als Lehrerin an verschiedenen Hamburger Schulen, so auch im Paulsenstift (siehe: Paulsenstiftschule). Der Beruf der Lehrerin befriedigte sie aber nicht. Deshalb begann sie neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin, die ihr finanzielle Unabhängigkeit garantierte, zu schreiben. Ermutigt durch einen wohlwollenden Brief Theodor Vischers, dem sie einige Manuskripte geschickt hatte, quittierte sie 1883 den Schuldienst und ging mit ihrer Freundin, der Malerin Esther Mandelbaum, nach Stuttgart, um dort am Polytechnikum Theodor Vischers Vorlesungen über Ästhetik zu hören. Ilse Frapan avancierte zunächst zur Hausautorin der renommierten Zeitschrift „Deutsche Rundschau“. Aber bald stellten sich Misserfolge ein. Zurückgekehrt nach Hamburg, schrieb sie den sozialkritischen Roman „Erich Helebrink“, der im Hamburger Arbeitermilieu des ausgehenden 19. Jhds. spielt. Er wurde jedoch nicht angenommen und kam erst kurz vor ihrem Tod heraus. Finanziell ruiniert, zogen die beiden Freundinnen 1892 nach Zürich und blieben dort 10 Jahre. In Zürich hatten Frauen seit den 70er Jahren des 19. Jhds. die Möglichkeit, an der Universität zu studieren. Ilse Frapan nahm im Wintersemester 1892/93 das Studium der Botanik und Zoologie auf. Ihr Wunsch war es, zu promovieren und in Hamburg irgendein kleines Pöstchen zu bekommen, wo sie ihr finanzielles Auskommen hätte und nebenher schreiben könnte. Aber die Studiengebühren waren enorm hoch, die Anfeindungen gegen studierende Frauen unerträglich. Ilse Frapan brach ihr Studium ab und zog daraus die politischen Konsequenzen, was für sie bedeutete, sich der sozialistischen Bewegung anzuschließen. In ihrem Kurzroman „Wir Frauen haben kein Vaterland“ (1899), in dem sie über die Heimatlosigkeit der Frauen in einer patriarchalen Gesellschaft schreibt, lässt sie ihre Romanheldin die Sätze sagen: „Ich sollte eine Bitte an die Behörde schreiben, an irgend einen Senator bei uns und ihn fragen, ob es nicht irgend eine Staatshülfe für mich giebt. (...) Mir bleibt kein andrer Weg. Bin ich nicht ein Hamburger Kind? Giebt es nicht Stipendien für arme Studierende? Bin ich nicht arm genug? Ich werde ihnen alles schildern und alles beilegen: meine Studienausweise, mein Aufnahmezeugnis an der Zürcher Universität, die Zeugnisse über meine Befähigung zur Matura. Und ich werde herzlich bitten: ,Verhelfen Sie mir zur Matura, zur Vollendung meiner Studien, zur Promotion. Ich werde alles zurückzahlen, wenn es mir möglich ist. Ich habe den dringenden Wunsch, etwas Nützliches zu leisten, ich werde meiner Vaterstadt keine Unehre machen, ich fühle die Kräfte in mir, etwas für andere zu sein.‘ Ist das zu stolz gesprochen? darf ich mir das nicht getrauen? Ist die Bitte unbescheiden? Die Stadt ist ja reich, voller Wohlthätigkeitsanstalten, voller Stiftungen. ,Leben und leben lassen‘, das ist der Hamburger Wahlspruch. Eine große hülfsbereite Gutmütigkeit geht durch alle Klassen. (...) Wir sind ja auch eine Republik, der einzelne Bürger steht nicht so weit vom Zentrum wie in den monarchischen Staaten.“ (Ilse Frapan. Wir haben kein Vaterland. Monologe einer Fledermaus. Hrsg. von Karl-Maria Guth. Berlin 2015, S. 141.)
Aufgrund ihrer Erfahrungen an der Universität in Zürich beschränkte Ilse Frapan ihren Kampf nicht auf die Emanzipation der Frau, sondern erweiterte ihn auf das große Feld der Unterdrückung und Ausbeutung. Sie befreundete sich mit dem Armenier Iwan Akunoff, der nach Zürich emigriert war, und engagierte sich fortan in der armenischen Freiheitsbewegung. 1901 wurden sie und Iwan Akunoff aus politischen Gründen aus Zürich ausgewiesen. Zusammen mit Esther Mandelbaum – die drei führten eine ménage à trois – gingen die beiden nach Genf. Als Ilse Frapan sich von Iwan Akunoff trennte, blieb sie dennoch in der armenischen Freiheitsbewegung und unterstützte sie nicht nur politisch, sondern auch finanziell. Um das Geld hierfür aufzubringen, schrieb sie Novellen, die sehr erfolgreich waren. So erschienen z. B. die „Hamburger Novellen“ in drei, die „Hamburger Bilder für Hamburger Kinder“ in zehn Auflagen. Ihre sozialkritischen Theaterstücke, die 1902 und 1905 am Altonaer Stadttheater und am Ernst Drucker Theater aufgeführt wurden, waren dagegen ein Misserfolg. Ilse Frapans naturalistisch-sozialkritischen Schriften beleuchten die Lebensbedingungen der Hamburger Unterschicht des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Dieses Engagement für die Arbeiterklasse, ihre Arbeit in der armenischen Freiheitsbewegung und ihre jahrelange lesbische Lebensgemeinschaft mit einer Frau bewogen Hamburgs Politische Polizei, sie zu bespitzeln. Im Staatsarchiv Hamburg befindet sich eine entsprechende Akte, die den Zeitraum von 1900 bis 1927, also weit über den Tod Ilse Frapans hinaus, durch Texte und Zeitungsausschnitte abdeckt.
Als Ilse Frapan im November 1908 erfuhr, dass sie unheilbar an Krebs erkrankt sei, nahm sie sich zusammen mit ihrer Freundin am 2.12.1908 das Leben.
Seit 1965 gibt es im Hamburger Stadtteil Sülldorf den Frapanweg.
Text: Rita Bake
Quellen:
Kraft-Schwenk, Christa, "Levien, Elise Therese" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 398 f. [Online-Version]; URL: www.deutsche-biographie.de/pnd11600987X.html
Angelica Baum: Ilse Levien, in: historisches Lexikon der Schweiz, unter: hls-dhs-dss.ch/de/articles/045907/2008-01-18/
 

Namen und Zeitepochen

Personensuche

  • (am besten nur Vor- ODER Nachname)

Historisch

 

Geografische Spuren

Meine Straße

Geografisch

 

Schlagworte und freie Suche

Thematische Suche

  • (z.B. Berufe, Gebäude, spezielle Ort)

Themenübersicht auf hamburg.de

Service-Angebote im Überblick