Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Aenne Willkomm

( Aenne Willkomm, verh. Kettelhut )
(17.06.1902 Shanghai – 20.06.1979 Hamburg)
Kostümbildnerin
Holitzberg 88 (Wohnadresse)
Fuhlsbüttler Straße 756, historischer Grabstein im Garten der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof.
Über Aenne Wilkomm‘s Herkunft ist nichts bekannt. Kurz nachdem sie ihre Ausbildung in der Modeklasse des Lette-Vereins zur Förderung der Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts abgeschlossen hatte, kam sie zum Film. Der Filmproduzent Erich Pommer hatte sie engagiert, nachdem er sich bei den öffentlichen Abschlussprüfungen des Lette-Vereins die Arbeiten der Schülerinnen angesehen hatte. Er benötigte Aenne Willkomm zur Unterstützung des kranken Kostümdesigners Paul Gerd Guderian (1896-1924). Aenne Willkomms Ehemann, Erich Kettelhut, schreibt dazu in seinen Erinnerungen: „Herr Guderian starb an Tuberkulose (…). Die erst zwanzig Jahre alte Aenne Willkomm, direkt von der Schule in das hektische Filmgeschäft gestellt, befand sich in keiner beneidenswerten Lage. Neben den noch zum Teil in Arbeit befindlichen Kostümen zum ersten Teil der ‚Nibelungen‘ war die Hunnenbekleidung zum zweiten Teil bei Umlauff in Hamburg über das Anfangsstadium noch nicht hinausgekommen. Arthur von Gerlach, der Regisseur des Grieshuus-Filmes, wartete indes auf die Kostümentwürfe, denn auch er hatte Herrn Guderian als Kostümberater verpflichtet.“ 1) Diese desolate Situation fand Aenne Willkomm vor und musste nun tätig werden.
„Fräulein Willkomms Pastellenentwürfe trugen ihr sofort die Achtung aller Beteiligten ein. Ebenso folgten die ausführenden Firmen willig ihren Anweisungen. Aenne Willkomm hat sich mit einem Schlag durchgesetzt. Fritz Lang bestand jetzt darauf, dass die junge Frau ausschließlich für ihn arbeiten sollte; genau dasselbe forderte auch Arthur von Gerlach. Andere Regisseure wollten auch nicht zurückstehen. So avancierte Fräulein Willkomm zur Leiterin der Ufa Kostümabteilung.“ 2)
Später kam es wegen Aenne Willkomm zwischen Fritz Lang und Arthur von Gerlach „zu einem heftigen Tauziehen“. 3) Jeder der beiden Regisseure wollte sie exklusiv für seine damals gedrehten Filme. „Pommer entschied schließlich diesen Streit. Fräulein Willkomm sei nicht nur für diese beiden Filme, sondern für alle in Babelsberg produzierten Filme angestellt."4)
Aenne Willkomm und Heinrich Umlauff waren für die Kostüme der zweiteiligen Großproduktion „Die Nibelungen“ von Fritz Lang zuständig. „Er und Fräulein Willkomm leisteten Teamarbeit mit dem Garderoben-personal. Es galt die Garderobe von mehreren hundert Hunnenkriegern und –frauen zu sichten, zu ordnen und sie griffbereit zu halten. Erstaunlich schnell hatte sich Fräulein Willkomm im Filmbetrieb eingearbeitet. Sie verstand es, immer zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. So war der Grieshuus-Film, was Kostümentwürfe und deren Ausführung betraf, reibungslos fertiggestellt worden. Auch jetzt [beim Nibelungenfilm] betreute sie mehrere Filme mit Kostümen der unterschiedlichsten Zeitepochen“ 5), so ihr Ehemann Erich Kettelhut.
Aenne Willkomm entwarf auch die futuristischen Kostüme von Fritz Langs Metropolis-Film (1927). Ihre Einkleidung der Schauspielerin Brigitte Helm, die die Maria spielte, setzten Akzente. Aenne Willkomm wollte mit ihren Kostümentwürfen –wie sie sagte - „den Realismus und die Authentizität des Phantastischen“ betonen.
„Aenne, die mit einem umfangreichen Mitarbeiterstab, Garderobiers, Schneidern und Näherinnen in einem extra für sie erbauten Garderobentrakt die Kostümausstattung aller in Neubabelsberg [Ufa] hergestellten Filme besorgte und für Entwürfe und Ausstattungen verantwortlich zeichnete, hatte Kontakt zu großen, leistungsfähigen Textilfirmen. Sie vermittelte uns Stoffe oder Posamente für unsere Bauten, und wir konnten ihr helfen, wenn sie Anfertigungen von anderen Werkstätten brauchte, zum Beispiel Stirnreifen, Armspangen und dergleichen“. 6)
Zwischen Aenne Willkomm und Erich Kettelhut entspann sich bei den Filmarbeiten eine Liebesbeziehung: „Ich mochte die Aenne vom ersten Moment an sehr und lernte sie im Laufe der Zeit immer mehr schätzen. Selbstverständlich brachte ich sie abends [nach der Arbeit] bis zu ihrer Haustür in der Charlottenstraße [Berlin], und wenn es nicht gar zu spät war, saßen wir noch eine Stunde in einem Café beieinander.“ 7)
Wie es in solchen Fällen oft vorkommt: es kam zur Heirat. Im Frühsommer 1926 gaben sich beide das Ja-Wort. Und damit endete wenig später auch Aenne Willkomms Karriere als viel beachtete Kostümbildnerin. Neben Kostümen für die Filme „Nibelungen“ (1922-1924) und „Metropolis“ (1925/26) hatte sie auch Kostüme u. a. für die Filme „mein Leopold“ (1924), „Zur Chronik von Grieshuus“ (1924), „Schwester Veronika“ (1926), „Der Katzenstieg“ (1927) und „Heimkehr“ (1928) entworfen.
Aenne Willkomm, nun verheiratete Kettelhut und der Filmarchitekt Erich Kettelhut lebten in Hamburg. Aenne Kettelhut scheint als verheiratete Frau noch eine Zeitlang ein Mode-Atelier gehabt zu haben. So fertigte sie z. B. die Garderobe der Schauspielerin Lydia Potechina (1883-1934).
Aenne Kettelhut überlebte ihren Ehemann um drei Monate. Er starb im Alter von 85 Jahren am 13.3.1979 und sie im Alter von 77 Jahren am 20.6.1979.
Quellen:
1) Erich Kettelhut: Der Schatten des Architekten. Hrsg. von Werner Sudendorf. München 2009, S. 72.
2) Ebenda.
3) Erich Kettelhut, a. a. O., S. 134.
4) Ebenda.
5) Erich Kettelhut, a. a. O., S. 103.
6) Erich Kettelhut, a. a. O., S. 127.
7) Erich Kettelhut, a. a. O, S. 174.
 

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