Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Adele Will

( Adele Will, geb. Hessberger )
(25.2.1903 in Antwerpen – 28.5.1997 in Hamburg)
Kindergärtnerin mit Privat-Kindergarten in Hamburg-Eppendorf
Im Winkel 21 (Wirkungsstätte)
Ihr Grabstein steht im Garten der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756
Adele wurde als einziges Kind der Gouvernante Maria Klü und des Seemanns Johann Hessberger in Antwerpen geboren. Im selben Jahr zog die Familie nach Hamburg-Eimsbüttel. Im Seminar der Vereinigten Fröbelkindergärten erfolgte von 1918 bis 1919 die Ausbildung zur Kindergärtnerin. In den Jahren danach arbeitete Adele Hessberger als „Kinderfräulein“ in Familien und als Kindergärtnerin in verschiedenen staatlichen Einrichtungen – unter anderem in der Nähe der Reeperbahn, wo sie sich Plattdeutsch aneignete, um die Kinder der Hafenarbeiterfamilien verstehen zu können. Zur beruflichen Selbständigkeit entschied sie sich vor dem Hintergrund der Fröbel-Pädagogik: „Ich wollte keinen Massenbetrieb, sondern pädagogische Betreuung für jedes einzelne Kind.“
Am 1.10.1925 gründete sie einen Privatkindergarten in Hamburg Eppendorf: zunächst im Billiardraum der Conditorei C. W. Nobiling, Eppendorfer Landstraße, 1927 in ihrer Privatwohnung Erikastraße 143, bald darauf Im Winkel 21. Es war der vierte Privatkindergarten in Hamburg.
Am 17. Mai 1928 heiratete sie Max Will. Ihr Mann, ein gelernter Kaufmann, arbeitete als Buchhalter, später als Prokurist. Sobald er frühmorgens zur Arbeit ging, wurde die Wohnung mit routinierten Handgriffen kindgerecht verwandelt, sodass sich 15 Mädchen und Jungen im Alter von drei bis sechs Jahren wohlfühlen und verschiedene altersgemäße Spiel- und Lerngruppen stattfinden konnten. Mittags wurde aus dem Kinderparadies wieder eine Familienwohnung für Max und Adele Will, ab 1931 mit Tochter Eva-Maria.
Adele Will 1935, Quelle: privat
Der „fröhliche singende Kindergarten“ wurde über sechs Jahrzehnte zu einer Institution in Eppendorf: jeden Vormittag zog Adele Will in Begleitung der angestellten Kinderpflegerin mit der Kindergartengruppe singend durch das Viertel an die Alster zu den Spielwiesen oder an den Mühlenteich, wo sich ein Spielplatz befand, der auf Adele Wills Initiative hin eingerichtet worden war. Nicht selten gesellten sich andere Kinder dazu. Darauf wurde damals auch der NDR aufmerksam.
Viele Jahre organisierte Adele Will Sommerferien an der Nordsee für ihre Kinder. Zuhause ging es regelmäßig ins Schwimmbad. Der jahreszeitliche Rhythmus prägte das Kindergartenjahr mit Frühlingsfest, Osterfeuer, Apfelernte, Nikolaus und Weihnachten ebenso, wie mit dem Puppenfest, Kasperltheater, Hafenausflug, Geburtstagsritual oder Abschiedsfest zum Schulbeginn für jedes Kind.
Adele Will 1966; Quelle: privat
Mit Unterstützung der dafür von Adele Will entwickelten Vorschulmappe, wurden die Kinder auf die Einschulung vorbereitet. 1970 entwarf sie ein „Uhren-Lotto“, das der Ravensburger Verlag jahrelang verlegte, mit dem auch lernbehinderte Kinder spielerisch die Uhr kennenlernen konnten.
Durch die Gleichschaltung der Kindergärten während der nationalsozialistischen Diktatur 1933 bis 1945 wurde der Erhalt des Privatkindergartens zu einer besonders schwierigen und oft nur mit Verhandlungsgeschick zu lösenden Aufgabe: jede privatpädagogische Initiative war dem Reichsjugendamt verdächtig, besonders auch das Feiern von Ostern und Weihnachten. Während der Kriegsjahre wurde der Kindergarten so lange wie möglich offengehalten, bis der Beginn des Bombardements Hamburgs die Schließung nötig machte. Auf Initiative eines Arztes aus dem UK Eppendorf betreute Adele Will in dieser Zeit Kinder von Bombenopfern in der Lüneburger Heide und dem Kleinwalsertal.
Den Eltern der Kinder und auch „Ehemaligen“ stand Adele Will immer wieder mit Rat und Tat in schwierigen Erziehungs- und Familiensituationen zur Seite. Viele hielten über Jahrzehnte den Kontakt, manche waren inzwischen selber (Groß-)Eltern und brachten ihre Kinder zu „Tante Will“ in den „Winkel 21“.
Adele Will 1986; Quelle: privat
Eltern und Ehemaligen regten später zwei Ehrungen an: 1986 – bald nach dem sechzigjährigen Jubiläum und kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand – verlieh ihr Bundespräsident Richard von Weizsäcker das Bundesverdienstkreuz am Bande „für ihr beispielhaftes Engagement bei der Betreuung von Kindern“. Sie nahm den Orden nur entgegen: „stellvertretend für meine Kolleginnen der anderen privaten Kindergärten Hamburgs“. Einige Jahre war sie deren Sprecherin im „Verein der privaten Kindergärten von Hamburg und Umgebung“ gewesen.
1990 wurde ihr der Portugaleser Talers in Bronze „BÜRGER DANKEN“ durch den „Zentralausschuss Hamburgischer Bürgervereine v. 1886“ übereicht.
Ehrenamtlich engagierte sie sich in der Ökumene ihrer Kirchengemeinde St. Antonius sowie im Seniorenheim Anscharhöhe in Eppendorf, wo sie auch ihren Lebensabend verbrachte.
Text: Hans-Steffen Kind
 

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