Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Inge Flehmig

( Inge Flehmig, geb. Asmus )
(24.1.1925 – 22.8.2018)
Kinderärztin, Begründerin des Flehmig-Instituts
Rümkerstraße 15-17 (Wirkungsstätte)
Bestattet auf dem Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756
Inge Flehmig, geb. Asmus war die Tochter von Hertha Feiner-Asmus (8.5.1896 Hamburg -vermutlich 12.3.1943 Selbsttötung während des Transports nach Auschwitz), nach der 1992 der Hertha-Feiner-Asmus-Stieg im Hamburger Stadtteil Winterhunde benannt wurde.
Inge Flehmigs Großvater war Josef Feiner (geb. 1863), der sich 1938 das Leben genommen hatte. Für ihn liegt ein Stolperstein am Kahlkamp 1a. Er wurde „als Lehrer nach Hamburg an die Stiftungsschule von 1815 am Zeughausmarkt berufen, (…) Neben seiner Tätigkeit als Lehrer engagierte sich Josef Feiner viele Jahre in der Jüdischen Gemeinde. Als Kandidat der liberalen Liste gehörte er deren Repräsentantenkollegium an. Lange amtierte er zudem als Vorsitzender des Lehrervereins Mendelssohn sowie des Verbandes der jüdischen Lehrervereine im Deutschen Reich. Darüber hinaus betätigte er sich als Redakteur beim ‚Israelitischen Familienblatt‘ und veröffentlichte selbst umfangreiche Schriften – darunter zwei Bücher über Hamburger Vorkämpfer für die politische Gleichberechtigung der Jüdinnen und Juden: 1906 " (…) Am 11. März 1938 nahm sich Josef Feiner das Leben. Seine Enkelin Inge Flehmig berichtete später, der Auslöser für den Freitod ihres Großvaters sei eine Denunziation gewesen. Er hatte auf der Straße eine ehemalige, nichtjüdische Schülerin angesprochen und wurde daraufhin der ‚Rassenschande‘ bezichtigt. Diesem Gipfel in einer langen Reihe von Schikanen, Ächtungen und ganz konkreten Maßnahmen gegen seine Person war der 75-jährige Mann nicht mehr gewachsen.“ [1]
Seine Tochter Hertha, die Mutter von Inge Flehmig, „war in Hamburg mit dem nichtjüdischen Buchhändler und Verleger Johannes Asmus verheiratet gewesen. Die Ehe wurde jedoch Anfang 1933 geschieden. Damit war Hertha vor den NS-Verfolgungen nicht geschützt. Im April 1933 verlor sie ihre Stelle als Lehrerin an der Schule Meerweinstraße in Winterhude. 1935 zog sie mit ihren beiden damals zehn und zwölf Jahre alten Töchtern Inge und Marion, die als ‚Mischlinge ersten Grades‘ galten, nach Berlin. Dort fand sie zunächst Arbeit an verschiedenen jüdischen Schulen, später wurde sie zwangsweise bei der Jüdischen Gemeinde verpflichtet, wo sie Deportationen von Jüdinnen und Juden mitorganisieren musste. Im März 1943 wurde sie selbst nach Auschwitz deportiert. Während des Transports nahm sie sich mit einer Kapsel Zyankali das Leben. Die Briefe, die sie zwischen 1939 und 1942 an ihre Töchter in einem Schweizer Internat schrieb, dokumentieren ihre Verfolgung und ihre verzweifelten Versuche, dem Tod zu entgehen. (…).“ [1]
„Seit dem Sommer 1942 versuchte [ Hertha Feiner-Asmus] zu erreichen, dass zumindest die jüngere ihrer Töchter zu ihr zurückkehrte, da sie sich Schutz vor der Deportation durch das ‚halbjüdische‘ Kind erhoffte. Gleichzeitig erkannte sie, dass ihr Ex-Mann mit Hilfe von Harald Baruschke, dem Internatsleiter in der Schweiz, versuchte, ihren Briefkontakt zu den Töchtern zu behindern, oder gar zu unterbinden (…).
Anfang 1943 unterbanden der Vater und seine zweite Frau Hermine Asmus jeden Briefkontakt zwischen Hertha Feiner und ihren Kindern, ihre letzten Briefe aus Berlin wurden den Mädchen vorenthalten.
Am 10. März 1943 wurde Hertha Feiner verhaftet und am 12. März 1943 auf den Transport nach Auschwitz geschickt. Während der Zugfahrt nahm sie sich das Leben mit einer Zyankalikapsel, die ihr ein befreundeter Apotheker beschafft hatte.“ [2]
Die Tochter Dr. Inge Flehmig wurde Ärztin und eröffnete 1973 in Hamburg „mit der Physiotherapeutin Meike Weitemeier ihre Praxis für Diagnostik und Therapie in der Neuropädiatrie in der Rothenbaumchaussee 209. Mit einem kleinen Team von fünf Mitarbeiterinnen - je einer Krankengymnastin, Beschäftigungstherapeutin (damalige Berufsbezeichnung), Psychomotorikerin, Sprechstundenhilfe mit EEG - Kenntnissen und einer Sekretärin - arbeitete man zunächst nur auf der zweiten Etage des großen Hauses. Der Bedarf an sozialpädiatrischer Arbeit, wie sie den Vorstellungen Dr. Inge Flehmigs entsprach, wuchs jedoch schnell und die Praxis dehnte sich bald über alle Etagen des Hauses aus.
Im Jahr 1978 eröffnete die Außenstelle der Praxis in Lüneburg. Sie blieb bestehen bis zum Jahr 1994, zuletzt in der Schießgrabenstraße 10. Letztlich sollten aber auch die Räumlichkeiten in der Rothenbaumchaussee und der Außenstelle nicht genügen, um den steigenden Bedarf von Kindern und Jugendlichen an Behandlung und Begleitung zu decken; zudem erwies sich die räumliche Trennung der Arbeitsbereiche von in eine Therapie einbezogenen Mitarbeitern als ungut. So wurde ein gemeinsamer Ort gesucht. Mit Unterstützung der Schulbehörde gelang es, die Räume des ehemaligen Elise-Averdieck-Gymnasiums auf dem Grundstück der Rümkerstrasse 15-17 in Hamburg Barmbek zu mieten. Auf dem Grundstück der Rümkerstrasse 17 entstand zudem als Erweiterungsbau das heutige Haupthaus.
Für ältere Kinder mit Körperbehinderungen oder anderen motorischen Einschränkungen - und zunehmend auch sozialen und psychoemotionalen Problemen - gibt es seit 01.09.1983 in der CITY NORD am MEXIKORING 35 eine Institution für Gruppentherapie. (…).
Die PRAXIS DR. INGE FLEHMIG wird am 01.07.1989 als SPZ (Sozialpädiatrisches Zentrum) ermächtigt und firmiert seit dem Jahr 1996 als ZENTRUM FÜR KINDESENTWICKLUNG, im Volksmund auch "Flehmig - Zentrum" genannt.
Im Laufe der Jahre wurden im Zentrum für Kindesentwicklung viele unterschiedliche Therapieformen angeboten. Nicht wenige derer wurden erst durch Dr. Inge Flehmig den Ärzten und Therapeuten bekannt gemacht und damit ihre Übernahme in den Heilmittelkatalog der Krankenkassen forciert.
Als einen Höhepunkt der Aktivität Dr. Inge Flehmigs kann sicher das Europäische Symposium für Entwicklungsneurologie im Februar 1983 im CCH in Hamburg angesehen werden. Die Verbindung zwischen den motorischen, geistigen und seelischen Möglichkeiten eines Kindes und den von Frau Dr. Flehmig definierten ‚Bausteinen der Entwicklung‘ wurde in diesem Kongress in den Fokus gestellt - wie deutlich auch die Notwendigkeit, bei der Diagnostik und Therapie in einen engen Dialog von Kind und Therapeuten/Ärzten - aber auch zu den Eltern und dem Umfeld zu treten. (…)
Unser Zentrum für Kindesentwicklung ist ein Haus mit einer eigenen Tradition und das einzige privat geführte sozialpädiatrische Zentrum in Deutschland, dazu eines der größten überhaupt.
Der Geist und der Wille seiner Gründerin Dr. Inge Flehmig, ihre Ausstrahlung und Kraft haben das Entstehen unserer Einrichtung ermöglicht und sie über die Jahre in ihrer Art und Bestimmung erhalten. Nicht möglich gewesen wäre dies ohne den Einsatz der Mitarbeiter, die dies Gedankengut mit großem Enthusiasmus und all ihrer Kraft mitgetragen und umgesetzt haben.“ [3]
Quellen:
1 Text von Birgit Gewehr und Frauke Steinhäuser unter: www.stolpersteine-Hamburg.de/index.php?MAIN_ID=7&BIO_ID=778
2 Text Ulrike Sparr, aus: Rita Bake: Ein Gedächtnis der Stadt Bd. 2: Frauenbiographien von A bis Z. Hamburg 2015, S. 218.
3 www.kindesentwicklung.com/jubilaeum.pdf
 

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