Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Feministische Initiative lohnloser Mütter

Treffen im F.R.A.U.-Laden Geschwister-Scholl-Straße 18
In den 1970er-Jahren gab es in der Neuen Frauenbewegung eine bundesweite Kampagne für "Lohn für Hausarbeit". Auch in Hamburg gründete sich eine entsprechende Initiative. Im November 1977 wurde die „Feministische Initiative lohnloser Mütter“ ins Leben gerufen. Aus ihrer Selbstdarstellung um 1979: „Unsere Überlegungen gingen dahin, daß der Ursprung der Unterdrückung der Frauen in unserer Gesellschaft in der unbezahlten Arbeit der Mütter liegt. (…) Ausgehend von der Tatsache, daß wir Frauen schon von Kind auf an auf die Rolle der Hausfrau und Mutter hin erzogen werden, gingen unsere Überlegungen in folgende Richtung:
Unsere speziellen weiblichen Fähigkeiten, die uns von Geburt an antrainiert werden, gelten auf dem ‚Arbeitsmarkt‘ nicht als Qualifikation, für die frau dann auch Lohn bekommt, sondern sie gelten als naturgegeben und werden deshalb z. B. bei der Arbeitsplatzbewertung nicht berücksichtigt. Körperliche Stärke etwa ist eine Qualifikation, die sich auch in der Lohnhöhe niederschlägt, Monotonie ertragen zu können wird dagegen nicht honoriert.
Wir sind der Meinung, daß unsere Fähigkeiten sehr wohl eine Qualifikation darstellen. Wir sind weiter der Meinung, daß sich aus der unbezahlten Hausarbeit die Unterbezahlung im Erwerbsbereich ableitet.
Weibliche Erwerbsarbeit ist meist erweiterte Hausarbeit: Kindergärtnerin, Krankenschwester, Lehrerin, Sekretärin, Putzfrau …. (…)
Wir stehen mit unseren Forderungen nicht alleine da. Die Kampagne ‚Lohn für Hausarbeit‘ ist eine internationale Bewegung. (…)“ (hamburger frauen gruppen stellen sich vor. Hrsg. von bildwechsel, Ende 1979, S. 43.)
Über die Anfänge der bundesweiten Kampagne „Lohn für Hausarbeit“ schreibt das Archiv- und Dokumentationszentrum FrauenMediaTurm unter der Überschrift: „Arbeit, Beruf & Familie“: „Mit der Benennung des Werts der Hausarbeit beginnt innerhalb der Frauenbewegung eine kontroverse Debatte um einen 'Lohn für Hausarbeit'. Um die aufbegehrenden (Haus)Frauen zu befrieden und auf die sinkende Geburtenrate zu reagieren, hatte die Politik das Thema der unbezahlten Reproduktionsarbeit aufgenommen und diskutiert nun darüber, Hausarbeit mit einem taschengeldartigen 'Hausfrauengehalt' zu entlohnen. Auch ein Teil der Frauenbewegung fordert nun 'Lohn für Hausarbeit'. Dessen Verfechterinnen beziehen sich vor allem auf die italienische Initiatorin der Lotta Femminista, Mariarosa Dalla Costa. Sie hatte in ihrer Schrift Die Macht der Frauen und der Umsturz der Gesellschaft, die 1972 in Italien und 1973 in Deutschland in der Reihe Internationale Marxistische Diskussion erscheint, erklärt: ‚Mit dem Aufkommen des Kapitalismus organisierte sich die Vergesellschaftung der Produktion mit der Fabrik als Mittelpunkt. Diejenigen, die in den neuen Produktionszentren, eben in der Fabrik, arbeiteten, erhielten einen Lohn; die ausgeschlossen waren, erhielten keinen. Frauen, Kinder und Alte verloren ihre beschränkte Macht, die sie aufgrund der Abhängigkeit der Familie von ihrer Arbeit, die als gesellschaftlich und notwendig betrachtet wurde, besaßen.‘ In mehreren Ländern, darunter Italien, England, den USA und schließlich auch Deutschland, gründen sich 'Lohn-für-Hausarbeit'-Gruppen und starten eine Kampagne.
(…) [1974 ] In der Zeitschrift Pardon veröffentlicht Alice Schwarzer den Kommentar Nehmt euch in acht vor dem Hausfrauenlohn! Sie warnt: ‚Der Sklavenstatus der Frau würde sich durch ein als Lohn kaschiertes Almosen nicht nur nicht ändern, sondern Männerbequemlichkeit würde erneut institutionalisiert werden. Der Hausfrauenlohn wäre ein Hemmschuh in einem Augenblick, in dem Frauen endlich beginnen, aus der Isolation der ‚weiblichen Innenwelt‘ in die bisher exklusiv männlich beherrschte Außenwelt aufzubrechen.‘ Schwarzer plädiert für die Berufstätigkeit der Frauen, da nur sie Frauen ökonomisch unabhängig vom Ehemann mache und außerdem aus der häuslichen Isolation führe. Damit berufstätige Frauen nicht unter der Doppelbelastung zusammenbrechen, müssten Frauen, so Schwarzer, die gleichberechtigte Teilung der Hausarbeit von den Männern einfordern. (…)
Im Vorfeld des 1. Mai 1977 heißt es in der Kampagne ‚Lohn für Hausarbeit‘ in einem Manifest: ‚An alle Regierungen: Wir geben hiermit bekannt, dass wir gedenken, für unsere Arbeit bezahlt zu werden. Wir wollen Lohn für jede schmutzige Toilette, für jede schmerzhafte Geburt, für jede freche Anmacherei und Vergewaltigung, für jede Tasse Kaffee und jedes Lächeln. Und wenn wir nicht bekommen, was wir wollen, dann werden wir einfach aufhören, zu arbeiten!‘ Der Aufruf stammt vom Londoner Kollektiv Lohn für Hausarbeit, das ihn international verbreitet. In Deutschland veröffentlicht die Courage das Manifest in ihrer Ausgabe vom 15. März 1977. Schon in ihrer Februar-Ausgabe hatte Courage in einem Offenen Brief an Alice pro 'Lohn für Hausarbeit' plädiert: ‚Hausarbeit bleibt nicht Hausarbeit, wenn sie bezahlt wird. Sie ist dann nicht mehr unsichtbar, nicht ‚Liebe‘, nicht ‚Natur‘ oder ‚Schicksal‘ der Frauen. Dann erst kann ein Mann sich überlegen, ob er sie machen will, dann erst kann sie verringert werden und dann erst kann die unselige ‚Arbeit aus Liebe‘ von der Bildfläche verschwinden.‘ (…).“ ( www.frauenmediaturm.de/themen-portraets/themen-debatten/arbeit-beruf-familie/)
Und Elisabeth Zellmer kommt in ihrem Buch „Töchter der Revolte? Frauenbewegung und Feminismus der 1970er Jahre in München“ zu dem Schluss: „Obwohl eine organisierte Frauen- und Mütterlobby feministischer Provenienz der langfristige Erfolg verwehrt blieb, darf das nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass die Diskussion rund um einen ‚Lohn für Hausarbeit‘ die Frauenbewegung auch in inhaltlicher Hinsicht bereicherte.“ (Elisabeth Zellmer: Töchter der Revolte? Frauenbewegung und Feminismus der 1970er Jahre in München. München 2011, S. 221. (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte. Hrsg. vom Institut für Zeitgeschichte Bd. 85)
Die Initiative gibt es heute nicht mehr.
 

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