Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Lilly Giordano

( Lilly Giordano, geb. Seligmann-Lehmkuhl )
(16.1.1897 Hamburg – 1.1.1980 Hamburg)
Klavierlehrerin, Mutter des Schriftstellers Ralph Giordano
Hufnerstraße 118 (Wohnadresse)
Elbchaussee (Wohnadresse nach dem Krieg)
Ihr Erinnerungsstein steht im Garten der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756
Lilly-Giordano-Stieg seit 2022 in Hamburg-Ottensen
Geboren als uneheliches Kind von Selma Seligmann wuchs Lilly überwiegend bei ihren Großeltern auf. Ihr Vater war ein wohlhabender Jude aus Straßburg, „der verschwand, als seine Tochter sechs Jahre alt war. Bald nach 1900 heiratete die Mutter den Bauschlosser und entschiedenen Sozialdemokraten Rudolph Lehmkuhl, der von da an als Stiefvater Lillys fungierte. (…) Als Lilly schon als Kind musikalische Begabung zeigte, förderten ihre Großeltern sie, indem sie ihr ein Klavier kauften und sie in einem der Hamburger Musikinstitute zum Klavierstudium anmeldeten. Am 4. Mai 1917 schloss sie mit dem ‚Reifezeugnis der Lehrbefähigung für Elementar- und Mittelstufe‘ mit sehr gutem Erfolg ab (…). Seitdem gab sie privat Klavierstunden und war zudem in der Saison 1919/1920 als Dozentin am Klaerschen Konservatorium in Blankenese, das damals zu Altona gehörte, tätig. 1921 lernte sie den Pianisten Alfons Giordano kennen und heiratete ihn im Jahr darauf. Das Paar bekam insgesamt vier Kinder, eins davon ist der spätere Schriftsteller Ralph Giordano, der 1923 geboren wurde.
Mit den Klavierstunden, die sie in ihrer Mietwohnung in der Hufnerstraße in Hamburg-Barmbek gab, trug sie in den nächsten Jahren zum Lebensunterhalt der Familie bei.“ [1]
1935 wurde Lilly Giordano wegen ihrer jüdischen Herkunft aus der Reichsmusikkammer ausgeschlossen und erhielt Berufsverbot.
„Im Herbst 1942 wurden Lilly und Alfons Giardano in die Gestapoleitstelle in Hamburg befohlen, wo dem ‚arischen‘ Ehemann nahegelegt wurde, sich von seiner ‚jüdischen‘ Frau scheiden zu lassen. Giordano, dessen Impulsivität sich schon früher oft und unerwartet Bahn gebrochen hatte, bekam einen Tobsuchtsanfall und drohte damit, in seiner ersten Heimat Italien von den Zumutungen der deutschen Polizei zu berichten. Die Gestapo ließ die beiden wieder gehen, doch ab jetzt war es klar, dass das Leben von Frau und Kindern einzig davon abhing, dass Alfons Giardano zu ihnen hielt, damit der Status einer ‚privilegierten Mischehe‘ – so die Nomenklatur der Nazis – aufrecht erhalten blieb. 1943 wurde das Berufsverbot, das für Lilly Giordano schon seit 1935 galt, auch auf ihren Mann ausgedehnt.“ [2]
1943 wurde die Familie ausgebombt. Sie fand Zuflucht in Bösdorf, doch 1944 wurden Lilly und Alfons denunziert und sie musste zurück nach Hamburg, wo die beiden Zwangsarbeit leisten mussten. Lilly Giordano musste in Hamburg Bahrenfeld in den Firmen Heldmann und Bommelmann, die Rattengift produzierten, unter schlimmsten hygienischen Bedingungen Sortier- und Einfüllarbeiten verrichten, was zu starken gesundheitlichen Schäden führte.
„Im Februar 1945 wurde Lilly Giordano von der Gestapo erneut aufgefordert, sich zur „Verschickung“ bereit zu halten, was wohl ihren Tod bedeutet hätte. Dies nahm Sohn Ralph zum Anlass, die Familie in ein bereits vorher ausgekundschaftetes Versteck in der Alsterdorfer Straße in Hamburg-Alsterdorf zu bringen, wo die fünf Personen vom 14. Februar an bis zur Befreiung am 4. Mai unter unerträglichen Bedingungen, unterstützt von ihrer früheren Nachbarin Grete Schulz, dahinvegetierten und am Ende auch überlebten.
Nach dem Krieg konnte Lilly Giordano mit Mann und Kindern eine Wohnung in der Elbchaussee beziehen. Doch selbst hier noch waren sie antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt; gegen verleumderische Handzettel mit der Aufschrift ‚Judenschweine raus!‘ strengten sie eine Strafanzeige gegen Unbekannt an, die zu Ermittlungen bis ins Jahr 1954 führte, ohne dass Täter gefasst wurden (…). Lilly Giordano traute sich zu, wieder als Klavierlehrerin zu arbeiten, hatte aber kein Instrument mehr und bat deshalb – wegen Ausbombung – um Soforthilfe beim Amt für Wiedergutmachung. Diese wurde nicht gewährt. Zehn Jahre lang kämpfte sie um Anerkennung als an Beruf und Gesundheit schwer Geschädigte. Am Ende wurde ihr eine monatliche Rente in Höhe von 250,- DM zugestanden, die sich freilich Jahr für Jahr erhöhte. Den Beruf als Klavierlehrerin konnte sie jedoch nicht wieder aufnehmen. Sie lebte einige Jahre in Altona, wo sie ihrem Mann bei dem Versuch half, ein Geschäft aufzubauen: erst eine Leihbibliothek, dann einen Waschsalon; am Schluss blieben aber nur Schulden übrig. 1963 zog sie mit Mann und Tochter nach Hamburg-Langenhorn um. Hier starb Alfons Giordano im Oktober 1972. Ihre behinderte Tochter [geboren 1946] kam 1978 in die Alsterdorfer Anstalten. Lilly Giordano – inzwischen 82jährig – ging 1979 in das nicht weit davon entfernte Pflegeheim Alsterberg. Hier starb sie am 1. Jan. 1980.“ [3]
Quelle:
Ausführlicher Lebenslauf unter: www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00005725
1-3: Peter Petersen: Lilly Giordano, in: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen (Hg.), Hamburg: Universität Hamburg, 2014 ( www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00005725).
 

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