Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Frauenverein zur Unterstützung der deutsch-katholischen Gemeinde

gegründet 1846
Alsterarkaden 13 (Wohnung von Emilie Wüstenfeld), Anfänge der bürgerlichen Frauenbewegung in Hamburg
Kirsten Heinsohn schreibt in ihrem Beitrag „Die Frauenfrage – ein Problem der Moderne“: „Die Jahre der ersten reformorientierten politischen Debatte im Vormärz sowie die revolutionäre Erhebung in Deutschland 1848 waren (…) auch gleichzeitig Ansätze für eine politische Bewegung der Frauen. (…)
Damit aber aus [Frauen]vereinsgründungen eine Frauenbewegung werden konnte, musste noch ein weiteres Element hinzukommen: die Politik oder genauer, das Interesse, sich für die Belange von Frauen einzusetzen. Damit ist gemeint, dass Frauen sich gezielt und organisiert für die Verbesserung der rechtlichen, sozialen, politischen und kulturellen weiblichen Lebensbedingungen engagieren wollten. Dieses Motiv trat in Deutschland erstmals im Vormärz und in der bürgerlichen Revolution von 1848 auf. (...) die politischen Diskussionen [bewirkten] im Jahr 1848, dass mehr Frauen über ihre gesellschaftliche Stellung nachdachten und auch aktiv wurden.
Diese Frauen kamen fast ausschließlich aus dem liberalen, demokratisch gesinnten Bürgertum.
Einige von ihnen publizierten eigene Zeitungen und gründeten demokratische Vereine. Eine dieser Frauen, die Schriftstellerin Louise Otto (1819– 1895), antwortete 1843 auf einen Artikel, der das Thema ‚Die Teilnahme der weiblichen Welt am Staatsleben‘ behandelte, mit der Aufforderung: ‚Die Teilnahme der Frauen an den Interessen des Staates ist nicht allein ein Recht, sie ist eine Pflicht der Frauen.‘ Sie formulierte damit das Gründungsmotiv für die sich entwickelnde bürgerliche Frauenbewegung bis hinein ins 20. Jahrhundert: Frauen sollten gleichberechtigt an allen öffentlichen Fragen und Angelegenheiten beteiligt sein und dies sowohl als ein natürliches Recht wie als staatsbürgerliche Pflicht ansehen. (...)
In Hamburg ging es um 1848 in der allgemeinen demokratischen Bewegung auch um die Gleichheit der Menschen und eine neue politische Verfassung, aber vor allem um zwei Dinge: um Toleranz und Religionsfreiheit einerseits, eine verbesserte Bildung für Mädchen andererseits. Diese beiden Themen bildeten die zentralen Forderungen der entstehenden Frauenbewegung in Hamburg.
Die wichtigste Vertreterin der 1848er Rebellinnen war Emilie Wüstenfeld (1817– 1874), Ehefrau eines Kaufmannes und tatkräftige Förderin der demokratischen Bewegung.
Emilie Wüstenfeld beklagte die religiöse Intoleranz in Hamburg, die sich auch in den Frauenvereinen zeigte: So wurden in den ‚Weiblichen Verein für Armen- und Krankenpflege‘, gegründet 1832 von Amalie Sieveking (1794–1859), nur solche Frauen aufgenommen, die sich der strengen protestantischen Moral unterordneten. Emilie Wüstenfeld dagegen verstand Religion als Grundlage der Humanität, forderte religiöse Toleranz und wollte diese auch zur Grundlage von Frauenvereinen machen. Sie gründete mit anderen im Dezember 1846 einen Frauenverein zur Unterstützung der deutsch-katholischen Gemeinde, einer Vereinigung von Männern und Frauen, die sich gegen die kirchlichen Autoritäten und für ein selbstbestimmtes Gemeindeleben mit vollständiger Gleichberechtigung der Frauen einsetzte. Der Frauenverein hatte zunächst einmal sehr praktische Ziele: Er wollte Geld beschaffen, um die freireligiöse Gemeinde in Hamburg zu unterstützen. Diesem Ziel kam der Verein in den ersten beiden Jahren seines Bestehens sehr erfolgreich nach, unter anderem durch erhebliche Mittel, um einen eigenen Prediger zu finanzieren. Einen weiteren wichtigen Einsatz absolvierte der Verein um Emilie Wüstenfeld mit Blick auf die Emanzipation der Juden. Im Zuge der demokratischen Bewegung schien nun endlich auch die Gleichstellung von Juden und Christen erreichbar zu sein. Der Frauenverein beteiligte sich deshalb 1848 an der Gründung einer neuen Assoziation, dem ‚Sozialen Verein zur Ausgleichung konfessioneller Unterschiede‘. In diesem Frauenverein versammelten sich Christinnen wie Emilie Wüstenfeld, Charlotte Paulsen (1797–1862) oder Bertha Traun (1818– 1863) mit Jüdinnen wie Emma Isler (1816–1886) oder Johanna Goldschmidt (1806– 1884)15, um religionsübergreifend soziale Kontakte zu pflegen. Der Verein hatte keinen offensiven politischen Anspruch, aber seine praktischen Ziele, sich gegenseitig kennen- und schätzen zu lernen, entfalteten eine politische Kraft für weitere Unternehmungen. Anlässlich des Rats- und Bürgerschaftsbeschlusses im Februar 1849, die bürgerliche Gleichstellung der Juden zu gewähren, feierte der Verein ein Fest, auf dem auch beschlossen wurde, weitere gemeinsame ‚humane‘ Tätigkeiten in die Wege zu leiten.
Hier und an anderen Stellen wurden immer wieder auch die eigenen Interessen der Frauen offenbar. Das tätige Wirken für Religionsfreiheit – und damit für die ‚Geistesfreiheit‘ – habe jeder einzelnen Frau im Verein geholfen, ebenfalls freier zu werden, hieß es im Jahresbericht des Vereins 1849. Und: Je mehr diese geistige Freiheit erkannt wurde, desto stärker wurde der Wunsch geäußert, ‚für das geistige und materielle Wohl unseres Geschlechtes zu wirken‘.“
Quelle:
Kirsten Heinsohn: Die Frauenfrage – ein Problem der Moderne, in: Rita Bake, Kirsten Heinsohn: „Man meint aber unter Menschenrechten nichts anderes als Männerrechte“. Zur Geschichte der Hamburger Frauenbewegung und Frauenpolitik vom 19. Jahrhundert bis zur Neuen Hamburger Frauenbewegung Ende der 1960er Jahre. Hamburg 2012, S.21 ff.
 

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