Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Wilma Witte

( Wilma Hermine Witte, verheiratete/geschiedene Nespethal )
(19.4.1912 Hamburg – 8.3.1997 München)
Malerin
Großer Burstah (Atelier)
Lübecker Straße 19 (Wirkungsstätte: Atelier)
Bramfelder Chaussee 56 (Wohnadresse)
Vierländer Damm 74b (Wohnadresse)
Sillemstraße 60 (Wirkungsstätte: Atelier)
Namensgeberin für Wilma-Witte-Stieg in Hamburg-Wandsbek seit 2015
Ihre Kindheit verbrachte Wilma Hermine Witte1 in Hamburg. Ihre Mutter war die Schneidermeisterin Emma Witte, geb. Weller, ihr Vater der Hotelbesitzer Ernst August Witte. Die Familie lebte an der Saseler Chaussee. Wilma Witte besuchte die Klosterschule, dann die Lichtwarkschule, wo sie 1932 mit dem Wahlpflichtfach Zeichnen Abitur machte. Von 1931 bis 1935 studierte sie an der „Hansischen Hochschule für bildende Künste“. Diese Umbenennung erhielt die als Kunstgewerbeschule Hamburg gegründete, heutige Hochschule für Bildende Künste HfBK, während der 1930-er Jahre bis Kriegsende. In jener Zeit war ihr aus politischen Gründen der Status als akademische Hochschule aberkannt.
Wilma Witte studierte bei Arthur Illies, AIfred Ehrhardt, Paul Bollmann und Willi Tietze. Ab 1933 arbeitete und lebte sie mit Franz Nespethal (1912–1993 Hamburg) zusammen. Beide präsentierten ihre Bilder im gemeinsamen Atelier am Großen Burstah und später an der Lübecker Straße 19 in Hamburg. Eine Zeitlang wurde Wilma Witte von der Erdwin-Amsinck-Stiftung finanziell unterstützt. Der renommierte Galerist, auf Expressionisten spezialisierte „mutige“ Kunsthändler (Handelsblatt 2011) und Sammler der deutschen Avantgarde, Günther Franke (1900 Berlin–1976 München), stellte Arbeiten der Künstlerin aus.
Während der NS-Zeit wurde Wilma Witte mehrmals von der Gestapo verhört. Die Reichskammer der Bildenden Künste (RdBK) legte ihr nahe, nicht mehr „entartet“ zu malen und auch nicht mehr auszustellen. Daraufhin zog sich Wilma Witte empört nach Sachrang im Landkreis Rosenheim in Oberbayern zurück und arbeitete dort als freischaffende Restauratorin. So übernahm sie z. B. Restaurierungsarbeiten für eine süddeutsche katholische Kirche. Auch betrieb sie in München ein Kunstgewerbegeschäft und war als Bauzeichnerin tätig.
Nach Kriegsende gründete sie mit ihrem Ehemann Franz Nespethal, den sie 1946 heiratete, am Chiemsee die Künstlerkolonie „Roter Reiter“. Im selben Jahr der Heirat wurde der Sohn Alexander geboren. 1950 kam es zur Scheidung. Wilma Witte kehrte mit dem Sohn nach Hamburg zurück, wo sie zunächst bei ihrer Mutter in Sasel lebte.
Nun begann sich Wilma Witte der Musik und der Dichtkunst zu widmen. Sie studierte Gesang, lernte auch das Komponieren und schrieb in den 1970-er Jahren eine Oper. Materiell musste sie in sehr bescheidenen Verhältnissen leben. Als sie mit ihrem Sohn in ein Häuschen an der Bramfelder Chaussee 56 gezogen war, betrieb sie dort mit ihren Eltern ein Tabak- und Süßwarengeschäft. 1958 zog sie an den Vierländer Damm 74b, und arbeitete in Teilzeit als Sekretärin. Zwischen 1964 bis 1976 hatte sie dann ein Atelier in der Sillemstraße 60, wo sie wieder ihrer schöpferischen Malarbeit nachging. Dort gründete sie auch einen deutsch-afrikanischen Freundschaftsclub. 1997 starb die Künstlerin in München. Der Nachlass von Wilma Witte befindet sich im Besitz ihres Sohnes Alexander Nespethal. Private und öffentliche Sammlungen, darunter die Hamburger Kunsthalle, kauften Arbeiten der Künstlerin an.
Zu den 2006 in einer großen Ausstellung gezeigten Kunstwerken schrieb Claudia Freitag-Mayr vom Vorstand des Kunstvereins Schrobenhausen: „Die Arbeiten von Wilma Hermine Witte sprechen eine starke Sprache, sie erzählen von Verletzlichkeit, Stolz und Lust und bleiben bis auf wenige abstrakte Grafiken gegenständlich. Einen Schwerpunkt ihres Werkes bildet der Mensch, dem sie mit ihren ausdrucksvollen Bildern Gestalt verleiht. In ihren Porträts erfasst sie ihr Gegenüber von innen heraus, ergründet dessen Seele. Sie übersetzt ihre Wahrnehmungen in Farben und Formen. Das Innenleben, die Angst oder die Trauer, die Freude oder das Leid, das beispielsweise eine alte Bäuerin empfindet, widerspiegelt sich in der Gestik, Mimik und der Körperhaltung der dargestellten Person. Die subjektive Einstellung, welche die Künstlerin zu ihrem Modell entwickelt, geht als wesentlicher Bestandteil in die Gesamtwirkung der Gemälde ein.“
Eine umfangreiche Werkschau mit dem Titel „Wilma Hermine Witte, Gemälde und Zeichnung“ zeigte 2006 das „Museum im Pflegschloss“ im oberbayerischen Schrobenhausen. Die Bilder und Grafiken aus dem Nachlass von Wilma Hermine Witte zeichneten in dieser Ausstellung „den individuellen Weg der 1912 in Hamburg geborenen Künstlerin von ihren ersten Erfolgen mit unangepassten Arbeiten in den 1930-er Jahren bis hin zu den späteren Stillleben, Portraits, Landschafts- und Stadtbildern“. Zwei Jahre später widmete die „Galerie im Schlosspavillon“ Ismaning, Landkreis München, der Künst-
lerin ebenfalls eine Einzelausstellung.
Text: Dr. Cornelia Göksu
Quellen und weiterführende Literatur:
– Zur Werkschau 2006 in Schrobenhausen vgl. die Rezension von Claudia Freitag-Mayr: Sonderausstellung im Museum Pflegschloss – Wilma Hermine Witte, Gemälde und Zeichnung 2006, Link: www.myheimat.de/schrobenhausen/sonderausstellung-im-museum-im-pflegschloss-wilma-hermine-witte-gemaelde-und-zeichnung-d4464.html, abgerufen 5.9.2015
– Zur Werkschau 2008 in Ismaning vgl. die Rezension in den Ismaninger Ortsnachrichten v. 14.11.2008 unter dem Link: www.ortsnachrichten.ismaning.de/user/eesy.de/ismaning.de/ortsnachrichten/dwn/ON14.11.2008.pdf
– Handelsblatt 2011 = Susanne Schreiber und Bettina Beckert: Günther Franke. Der mutige Händler. In: Handelsblatt v. 16.7.2011: Auch als seine Künstler während der Nazizeit Berufsverbot bekamen, konzentrierte „sich Franke im ‚Graphischen Kabinett’ in den vorderen Geschäftsräumen auf die auch von den Nazis geschätzten Romantiker. Aus dem Hinterzimmer heraus begeisterte der Sohn eines Berliner Bankiers aber weiterhin aufgeschlossene Museumsdirektoren, weitsichtige Privatsammler und Mitglieder der Wirtschaftselite für die verbotene Ware“.
– Vita, siehe: Maike Bruhns: Kunst in der Krise Bd. 2. Künstlerlexikon Hamburg, 1933-1945. Hamburg 2011, S. 418-420.
 

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