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Ruth Liepman

( Dr. Ruth Liepman, geb. Lilienstein )
(22.4.1909 Polch bei Koblenz – 29.5.2001 Zürich)
Grand Dame unter den Literaturagentinnen/agenten
Hallerstraße 5d (Wohnadresse)
Die Juristin Dr. Ruth Liepman leitete jahrzehntelang die von ihr 1950 in Hamburg gegründete Literaturagentur, die heute zu den bedeutendsten Agenturen der Welt zählt.
Geboren in Polch bei Konstanz und dort aufgewachsen in einem jüdischen Elternhaus zog sie vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges mit ihren Eltern nach Hamburg, wo ihr Vater als Arzt arbeitete. „Ruth Lilienstein erhielt hier eine Schulausbildung am Lyzeum unter Leitung von Jakob Loewenburg und wechselte auf eigenen Wunsch unter Protesten der Eltern an die Lichtwarkschule, wo sie Freunde fand, die sie lebenslang begleiteten. Dazu gehörten (…) Die moderne Erziehung der reformpädagogischen Bildungseinrichtung prägte Ruth Lilienstein nachhaltig. Ab 1928 studierte sie Jura an der Universität Hamburg und der Humboldt-Universität zu Berlin.“ [1]
Ruth Liepman hatte sich schon früh politisch engagiert. So war sie 1928 in die KPD eingetreten. Im Frühjahr 1933 wurde sie „denunziert. Ihr zuvor aufgenommenes Referendariat konnte sie daher nicht beenden. Der Hamburger Staat entließ sie im Juni 1933 aus dem Staatsdienst. Lilienstein selbst gab an, dass der Grund für die Entlassung eher in ihren politischen Aktivitäten und weniger in ihrer religiösen Zugehörigkeit zu suchen war. Dennoch wurde sie 1934 (…) an der Hamburger Universität promoviert. Ab dem 5. Oktober 1934 wurde sie auf Betreiben der Hamburger Staatsanwalt steckbrieflich aufgrund vermuteter ‚Vorbereitung zum Hochverrat‘ gesucht. [2]
Deshalb floh sie 1934 aus Deutschland und emigrierte nach Holland. Die Kommunistin wurde steckbrieflich gesucht, dennoch half sie in den Niederlanden vielen Jüdinnen und Juden und politisch Verfolgten, Europa zu verlassen. In den Niederlanden arbeitete Ruth Lilienstein in einer Handweberei und dann z. B. als Sekretärin. In den Niederlanden war sie im Widerstand tätig. So führte sie für die KPD illegale Kurierfahrten nach Deutschland aus.
„Lilienstein wurde aus der Partei ausgeschlossen, nachdem sie verbotswidrig bei einer Fahrt nach England öffentlich über die Erziehung im Nationalsozialismus gesprochen hatte, als sie nach der Praxis der Nazis gefragt wurde. Auch wenn sie der Ausschluss schmerzte, blieb sie noch bis zum Ende des Krieges in Kontakt mit KommunistInnen. Erst danach wandte sie sich vom Kommunismus ab.“ [3]
In den Niederlanden ging Ruth Lilienstein eine Scheinehe mit dem Schweizer Architekten Oskar Stock ein, wodurch sie die Schweizer Staatsangehörigkeit bekam.
„Ab Mai 1940 arbeitete Ruth Stock, wie sie nun hieß, beim Schweizer Konsulat in Amsterdam. Sie war nicht beim Konsulat, sondern beim Schweizer Konsul persönlich angestellt. In dieser Position konnte sie viel für Flüchtlinge erreichen. Da die Schweiz Schutzmacht für England und Amerika war, versuchten sie, so viel Menschen wie möglich als in England oder Amerika geboren auszugeben, so dass sie unter die Schutzmachtbestimmungen fielen, wodurch sie zahlreiche Menschen retten konnten.“ [4]
Nach dem Tod des Konsuls war Ruth Stock nicht mehr geschützt. „Da Ruth Stock wusste, dass sie von der Gestapo gesucht wurde, musste sie 1943 untertauchen. Nach einer wochenlangen Flucht vor der Gestapo, bei der sie bei immer wieder anderen FreundInnen und Bekannte Unterschlupf suchen musste, kam sie schließlich bei einer Familie in Beverwijk unter, wo sie als Haushaltshilfe durchgehen konnte. Die Schutzgebenden wurden für sie lebenslang zu ihrer zweiten Familie.“ [5]
Nach Kriegsende blieb Ruth Stock, die sich nun von Oskar Stock scheiden ließ, noch bis 1948 in den Niederlanden, kam aber mehrfach nach Hamburg, wo sie den Journalisten und Schriftsteller Heinz Liepman (1905-1966) kennenlernte. Das Paar heiratete 1949.
Nach der Hochzeit gründete das Paar in Hamburg die Literaturagentur „Liepman AG“. Heinz Lipman, der die NS-Zeit im Exil in den USA verbracht hatte, widmete sich nun wieder dem Schreiben und Ruth Liepman übernahm die Leitung der Agentur. „Als sich die Hoffnungen auf einen wirklichen, mit der NS-Vergangenheit brechenden gesellschaftlichen Neuanfang in der Bundesrepublik nicht erfüllten und sich stattdessen gegen Ende der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts neonazistische und vor allem antisemitische Vorfälle häuften, (…) entschloss [sich das Paar] ein zweites Mal zu emigrieren und sich in Zürich [1961] niederzulassen (…).“ [6] Seitdem hatte dort auch die Literaturagentur Liepman ihren Sitz.
Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1966 führte Ruth Liepman die Agentur mit den beiden Geschäftspartnerinnen Eva Koralnik und Ruth Weibel weiter und wandelte 1981 die Agentur in eine Aktiengesellschaft um. „L. zählt zu den Pionierinnen der Branche und die von ihr zu einem weltweit tätigen Unternehmen ausgebaute Agentur zu den bedeutendsten in Europa. 1992 Goldene Ehrenmedaille des Regierungsrats des Kt. Zürich.“ [7]
Text zusammengestellt: Rita Bake
Quellen:
Autobiographie: Vielleicht ist Glück nicht nur Zufall, erschienen 1993.
1 Wikipedia: Ruth Liepman, unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Ruth_Liepman abgerufen 24.8.2020.
2 Ebenda
3 Doris Hermanns: Ruth Liepman, in fembio, unter: www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/ruth-liepman/ abgerufen: 24.8.2020
4 Ebenda.
5 Ebenda.
6 Stefanie Schüler-Springorum: Hein Liepman(n). In: Das jüdische Hamburg. Ein historisches Nachschlagewerk. Hrsg. vom Institut für die Geschichte der deutschen Juden. Göttingen 2006, S. 176f.
7 Markus Bürgi: Ruth Liepman, in: Historisches Lexikon der Schweiz, unter: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/047597/2008-11-25/, abgerufen: 24.8.2020.
 

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