Hamburger Frauenbiografien

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GEDOK

Gemeinschaft deutscher und österreichischer Künstlerinnen und Kunstfreundinnen
Jungfernstieg 26–30 (ehemals)
Koppel 66 im Haus für Kunst und Handwerk (heute)
Gründerin: Ida Dehmel
Jungfernstieg. Rechts das große rote Haus: Der Hamburger Hof, Quelle: Staatsarchiv Hamburg
Seit 1976 ist der Hamburger Hof eine exklusive Einkaufspassage. Ursprünglich war das zwischen 1881 und 1883 im deutschen Renaissancestil erbaute repräsentative rote Sandsteingebäude ein luxuriöses Hotel. Als es 1917 ausbrannte, wurde es zum Kontorhaus umgebaut, in das verschiedene Firmen und Institutionen Einzug hielten.
1926 gründete Ida Dehmel im Hamburger Hof die GEDOK. Eine in der heutigen Einkaufspassage angebrachte Tafel erinnert daran: „Im Hamburger Hof gründete im Jahr 1926 Ida Dehmel eine Gemeinschaft deutscher und österreichischer Künstlerinnen und Kunstfreundinnen, die GEDOK, der in Deutschland mehrere tausend Mitglieder angehörten. Ida Dehmel, geboren am 14. Januar 1870, Förderin Stefan Georges und Frau des Dichters Richard Dehmel, setzte sich u. a. für die Rechte der Frauen ein. Von den Nationalsozialisten als Jüdin bedroht, nahm sie sich am 29. September 1942 das Leben.“
Im Hamburger Hof befanden sich das Stadtsekretariat der GEDOK und ein Ausstellungsraum, in dem Kunst und Kunstgewerbeausstellungen, Lesungen und Vorträge stattfanden.
Die GEDOK rekrutierte sich aus dem 1915 von Ida Dehmel gegründeten Bund Niederdeutscher Künstlerinnen, der auch Kunstgewerblerinnen mit einschloss. Im Gründungsjahr fand die erste große Verkaufsausstellung in der Galerie Commeter mit 500 Bildern statt. Doch Krieg und Inflation lähmten alle Aktivitäten. 1926 erfolgte der Zusammenschluss zum Bund Hamburgischer Künstlerinnen und Kunstfreundinnen, der sich später nach Anschluss der Österreicherinnen GEDOK (Gemeinschaft Deutscher und Österreichischer Künstlerinnenvereine aller Kunstgattungen) nannte und nahm auch bereits vor dem Krieg schon Männer auf. Ida Dehmel warb in den wirtschaftlich schlechten Zeiten nach dem Ersten Weltkrieg viele kunstinteressierte Hamburgerinnen als Kunstfreundinnen und Mäzeninnen.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 wurde die GEDOK „aufgelöst“ sprich „gleichgeschaltet“. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie 400 Mitglieder und einen bedeutenden Platz in Hamburgs Kulturszene. Künstlerinnen wie die Malerinnen Anita Rée, Gretchen Wohlwill, Alexandra Povorina, Elfriede Lohse-Wächtler, die Kunsthistorikerin Rosa Schapire, die Sängerin Sabine Kalter oder die Schriftstellerin Hertha Borchert waren GEDOK-Mitglieder. Doch am 20. April 1933 war alles vorbei. Zehn SA-Männer „stürmten (..) in die monatliche Vorstandssitzung, bedrohten Ida Dehmel und forderten sie ultimativ auf, ihre Ämter niederzulegen, weil sie Jüdin war. Darauf wurden die zehn anwesenden Frauen mit Gummiknüppeln die Treppe hinuntergejagt. Sie flüchteten in Taxis. Drei Wochen später teilten Ida Dehmel und Schatzmeisterin Anna Maria Darboven dem Vereinsregister ihren Rücktritt von der Spitze der Reichs-GEDOK mit“, [1] berichtete die Kunsthistorikerin Maike Bruhns.
Über die „Auflösung“ schrieb damals eine Hamburger Tageszeitung: „Die Gedok in Hamburg hat sich aufgelöst. (...) Vor der nationalen Umwälzung stand die ‚Gedok‘ in Hamburg unter nichtarischer Leitung, und dieser Einfluß machte sich auf jede Weise und jedem Gebiet bemerkbar. Nach erfolgter Gleichschaltung übernahm Gertrud Kappesser die Führung und versuchte in Gemeinschaft mit wenigen Nationalsozialistinnen auch innerlich die ‚Gedok‘ umzustellen. Aber die spitzfindig-ästhetisierenden Ideen, das mehr gesellschaftliche Wollen der ‚Gedok‘ Hamburg konnten trotz größter Aufopferung und Mühe der Leiterin nicht zu der wahren Gemeinschaft hingeführt werden, die not tut. Aus dieser Erkenntnis heraus und im Einverständnis mit der Reichsführerin der ‚Gedok‘, Frau Elsa Brinkmann, München, sowie nach eingehenden Verhandlungen mit der NS-Frauenschaft, Gau Hamburg und der Frauenwirtschaftskammer löste sich die Ortsgruppe Hamburg der ‚Gedok‘ auf.“ Im Organ der Reichs-GEDOK war „die Hamburger Ortsgruppe nach 1933 nicht mehr aufgeführt. Erst 1948 fand eine Neugründung durch Ida Dehmels Nichte, Marianne Gärtner statt“. [1]
Die GEDOK Hamburg ist Mitglied des Landesfrauenrates Hamburg.
Heute nennt sich die GEDOK Verband der Gemeinschaften der Künstlerinnen und Kunstförderer und „setzt sich (...) über ein Netzwerk von Kontakten zu Kultur, Politik und Medien für die Belange der Künstlerinnen aller Sparten ein: Bildende Kunst, Angewandte Kunst, Neue Medien, Musik, Literatur, Sprechkunst und Darstellende Kunst. Nach wie vor sind Frauen trotz formaler Gleichberechtigung und künstlerischer Qualifikation im Kunstbetrieb unterrepräsentiert und finden nicht die gebührende Anerkennung. (...) 22 regionale Gruppen in Deutschland und die Sektionen Österreich in Wien mit insgesamt 3.500 Mitgliedern sind in der GEDOK zusammengeschlossen. Als Voraussetzung für die Aufnahme als Künstlerin ist der Abschluss einer Hochschulausbildung wünschenswert.
Eine Einladung zu einer Lesung aus dem Jahr 1995, Quelle: Staatsarchiv Hamburg
Jedoch können sich auch Autodidaktinnen mit ihren Arbeitsproben für die Aufnahme bewerben. Über die Anerkennung der künstlerischen Leistung entscheidet der Vorstand der regionalen Gruppen durch eine Fachjury“, schrieb die GEDOK in ihrer Festschrift zu ihrem 75-jährigen Bestehen im Jahre 2001. Heute (2019) zählt die GEDOK 2750 Mitglieder in 23 Städten resp. Kreisen. Eine neue Gruppe Wien ist im Aufbau.
Der Bundesverband der GEDOK vergibt folgende Preise für herausragende Leistungen in der Bildenden Kunst, der Angewandten Kunst, in Literatur und Musik vergeben:
Bildende Kunst: "Dr. Theobald-Simon-Preis" (Kunstpreis der GEDOK); "Gabriele-Münter-Preis" gemeinsam mit dem Frauenmuseum Bonn
Angewandte Kunst: GEDOK FormArt - "Elke und Klaus Oschmann-Preis"
Literatur: "Ida-Dehmel-Preis" (Literaturpreis der GEDOk); Literaturförderpreis
Musik: Internationaler Komponistinnen-Wettbewerb; Bundeskonzert für GEDOK-Musikerinnen, Wettbewerb ausgeschrieben im zweijährigen Rhythmus
Text: Rita Bake
Anmerkungen:
1 Maike Bruhns: Kunst in der Krise. 2 Bde. Bd.1: Hamburg 2000.
 

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