Hamburger Frauenbiografien
Johanna Goldschmidt
( Johanna Goldschmidt, geb. Schwabe )
![](https://www.lzpb-hamburg.de/hamburgde/bilder/3567_Johanna-Goldschmidt.jpg)
Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit widmete sie sich auch der Erziehung der Proletarier-Kinder.
Weil es für diese noch keine staatliche Schule gab, hatten Johanna Goldschmidt und Amalie Westendarp, die beiden Mitglieder des 1849 gegründeten Frauen-Vereins zur Unterstützung der Armenpflege, eine Armenschule gegründet, „(...) deren Elementarunterricht keine religiöse Unterweisung vorsah. Daran nahm die Regierung Anstoß und verbot vorübergehend die Schule, bis sie 1856 neu eröffnet werden und 1866 als offiziell anerkannte Mädchenschule in das neu gebaute Paulsenstift [siehe unter Paulsenstiftschule] einziehen konnte. Allerdings war Johanna Goldschmidt mit der neuen Verfassung der Schule, insbesondere mit der Anstellung der jungen Anna Wohlwill als Direktorin, nicht einverstanden. Nach harter Auseinandersetzung mit der Anstaltsleiterin Emilie Wüstenfeld schied sie aus und wandte nun ihre ganze Energie der Verbreitung von Kindergärten zu“, berichtete die Historikerin Ursula Randt. ( Ursula Randt: Johanna Goldschmidt, in: Hamburgische Biografie, Personenlexikon. Hrsg. von Franklin Kopitzsch und Dirk Brietzke. Bd. 1. Hamburg 2000.)
Besonders engagierte sich sich Johanna Goldschmidt auf dem Gebiet der Erziehung des weiblichen Geschlechts, wobei sie die Bildung der Proletarier-Kinder und die Hebung der Bildung der Frauen zusammenbrachte. Denn sie war der Auffassung, dass mehr Bildung für Frauen besonders auch den Kindern zu Gute kommen und dass eine bessere Bildung für Frauen die sozialen Spannungen abbauen helfen würde. In der Fröbelschen Kindergartenkultur sah Johanna Goldschmidt den richtigen Weg, um ihre Ziele durchzusetzen. Denn diese Kindergärten wurden von Kindern aus den unterschiedlichen sozialen Schichten besucht. Johanna Goldschmidt lud den in Dresden lebenden Friedrich Fröbel für ein halbes Jahr nach Hamburg ein, wo er in dieser Zeit Kindergärtnerinnen ausbilden sollte. Im März 1850 wurde dann der erste „Bürger-Kindergarten“ für 70 Kinder eröffnet. Acht weitere folgten noch, trotz des 1852 verhängten preußischen Kindergartenverbots. Ziel der Fröbelkindergärten war die Ausgleichung der sozialen Unterschiede. Der Literat Karl Gutzkow war ein heftiger Kritiker der Fröbel-Lehre, „die sich von der Reform der Kindergartenpädagogik mittels weiblichen Einflusses die gewaltlose Erneuerung der Gesellschaft von unten erhofften“ (Fassmann, I. M. : Jüdinnen in der deutschen Frauenbewegung 1865-1919, Hildesheim 1996, S. 149.) und diskreditierte den Beruf der Kindergärtnerin als „Tagelöhnerei“. Das ließ sich Johanna Goldschmidt nicht gefallen und entgegnete: „Warum Herr Dr. G. den Kindergärtnerinnen den Beruf, den sie erwählen, als 'Taglöhnerei' bezeichnet, das zu erklären, bleibe Anderen überlassen; könnte man nicht mit demselben Rechte jeden Beruf also herabsetzen, der neben innerer Befriedigung Lebensunterhalt bietet? Wir glauben nicht, dass Herr Dr. G. den Beruf der Lehrer, Erzieher, Künstler und Schriftsteller mit dem Namen der 'Taglöhnerei' zu brandmarken versuchen wird; protestieren daher auch im Interesse der Beteiligten gegen jede herabwürdigende Bezeichnung für die Beschäftigung der Kindergärtner oder Kindergärtnerinnen. Noblesse der Gesinnung werden wir immer nur da erkennen, wo die Sache frei von jeder Parteilichkeit beurteilt wird. Herr Dr. G. hätte diese niedrige Betrachtungsweise vermeiden sollen; er konnte durch sie die Würde seiner Besprechung nur beeinträchtigen" (zit. nach: Manfred Berger: Frauen in der Geschichte des Kindergartens: Johanna Goldschmidt, unter: https://kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/geschichte-der-kinderbetreuung/manfred-berger-frauen-in-der-geschichte-des-kindergartens/146)
1860 gründete Johanna Goldschmidt mit einigen anderen Frauen den “Hamburger Fröbelverein”. Seine Ausbildungsstätte zog Anfang der 90-er Jahre des 19. Jhds. in das Haus in der Bundesstraße ein. Er war der erste Bildungsverein, der eine Berufsausbildung für Frauen zum Ziel hatte. Es sollten „junge Mädchen jeden Standes zu geschickten und gewissenhaften Kinderwärterinnen” ausgebildet werden. Die Dauer des Unterrichtskursus belief sich auch 1 bis 11/2 Jahre. Die jungen Damen wurden zu Gehilfinnen der Mutter in Familien oder zu Leiterinnen von kleineren oder größeren Kindergärten ausgebildet. Unterricht gab es in „‘Fröbellehre‘, Kindergartenlehre, Erziehungslehre, Deutsch, Heimatkunde, Naturkunde, Gesundheitslehre, Gesang, Zeichnen, Schneidern, Turnen und Handarbeit, darüber hinaus auch Geschichte der Pädagogik, Theorie und Praxis des Elementarunterrichts, Heilgymnastik für kleine Kinder sowie fakultativ ‚Putzmachen‘ und fremde Sprachen, d. h. Englisch und Französisch.“ (Kirsten Heinsohn: Politik und Geschlecht. Hamburg 1997, S. 123.)
In den Kursen für Frauen und Töchter gebildeter Stände wurden ab 1900 die wichtigsten Kapitel der Anatomie und der Funktionslehre (Physiologie) mit besonderer Berücksichtigung des weiblichen Körpers und dessen Hygiene, Gesundheitspflege des Kindes und Erste Hilfe unterrichtet.
„Bis 1872 hatten rund 500 junge Frauen die Kurse der ‘Bildungsanstalt’ absolviert.” (Kirsten Heinsohn, a.a.O., S. 123.)
Text: Rita Bake
Quellen:
- Maya Fassmann: Die Frauenrechtlerin Johanna Goldschmidt, in: Arno Herzig, Saskia Rohde: Die Juden in Hamburg 1590-1990: Wissenschaftliche Beiträge der Universität Hamburg zur Ausstellung "Vierhundert Jahre Juden in Hamburg". Hamburg 1991, S. 237-248.
- Annerose Kemp: Zum 175. Geburtstag der Fröbelpädagogin und Frauenrechtlerin Henriette Goldschmidt, in: Wie gedacht – so vollbracht? Berichte vom 8. Louise-Otto-Peters-Tag 2000, S. 61-69.
- Maya Fassmann: Die Frauenrechtlerin Johanna Goldschmidt, in: Arno Herzig, Saskia Rohde: Die Juden in Hamburg 1590-1990: Wissenschaftliche Beiträge der Universität Hamburg zur Ausstellung "Vierhundert Jahre Juden in Hamburg". Hamburg 1991, S. 237-248.
- Annerose Kemp: Zum 175. Geburtstag der Fröbelpädagogin und Frauenrechtlerin Henriette Goldschmidt, in: Wie gedacht – so vollbracht? Berichte vom 8. Louise-Otto-Peters-Tag 2000, S. 61-69.