Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Maria Alberti

( Maria Agatha Alberti )
(14.11.1767 Hamburg - 1.2.1812 Münster)
Portraitistin, Malerin von biblischen und religiösen Motiven, Nonne, Mitbegründerin der Barmherzigen Schwestern
Katharinenkirche (Wirkungsstätte des Vaters)
Katharinenkirchhof 35 (Wohnadresse)
Maria Alberti war die Tochter des Pastors Julius Gustav Alberti (1723-1772). Dieser predigte an der St. Katharinen Kirche und geriet mehrfach in heftigen Streit mit dem Hauptpastor Johann Melchior Goeze, dem er an der Katharinen-Kirche unterstellt war. Alberti galt als das Idol der liberalen Kräfte im des Hamburger Bürgertums, die sich mit den Ideen der Aufklärung auseinandersetzten. Allerdings unterlag er bei den Kirchenwahlen Goeze als Repräsentanten der lutherischen Orthodoxie.
Alberti war seit 1753 verheiratet mit Dorothea Charlotte Offeney, mit der er 13 Kinder bekam. Sowohl zu Lebzeiten Albertis wie auch noch nach seinem frühen Tod war die Familie eng verbunden mit den "Gebildeten“ der Hamburger Gesellschaft: Klopstock, Matthias Claudius, Johann Heinrich Voß waren Freunde der Familie, mit Lessing war Julius Alberti gut bekannt, und viele von ihnen unterstützten die Familie auch nach dem Tod Albertis.
Maria Alberti war das drittjüngste Kind von insgesamt 13 Mädchen und Jungen. Über ihre Jugend ist wenig bekannt, außer dass sie über ihre Schwestern bereits früh Kontakt zu damals hochrangigen und auch später noch bekannten Künstlern (z.B. Ludwig Tieck) hatte. Wahrscheinlich bei ihrem Schwager Wagen, der als Zeichenlehrer wirkte, hat sie Unterricht erhalten. 1795 zog sie dann nach Dresden, um Malerei zu studieren. Frauen konnten damals an den Akademien nicht studieren, aber Privatunterricht bei Professoren nehmen. Maria Alberti lernte bei den damals sehr bekannten Malern Gareis und Graff – zu einer Zeit, als auch Caspar David Friedrich zum Studium nach Dresden kam. Mit Philipp Otto Runge, der ebenfalls in Dresden studierte, schloss sie eine enge Freundschaft.
Um 1798 kam sie in engeren Kontakt zu den Frauen und Männern der Frühromantik: Ludwig Tieck war ihr Schwager, engen Kontakt hatte sie zu dessen Schwester Sophie, darüber hinaus den Brüdern Friedrich und August Wilhelm Schlegel. Die Begegnung mit Friedrich von Hardenberg („Novalis“) gehört zu den Schlüsselerlebnissen ihrer Biografie. Zusammen mit anderen pflegte sie ihn auf dem Sterbebett.
Franz Gareis: Maria Alberti, ca. 1802, Foto: M. Dieckmann
Etwa im Zeitraum von 1801 bis 1803, so vermutet man, konvertierte sie von der protestantischen zur katholischen Kirche, unter dem Einfluss eines Predigers der Dresdner Hofkirche. Ebenfalls in dieser Zeit, 1802/180, wurde sie von einem Bekannten vergewaltigt und schwanger. Es konnte nie geklärt werden, ob sie das Kind ausgetragen hat oder was aus dem Kind geworden ist. Vermutet wird, dass diese traumatische Erfahrung ein Grund war für ihre frühe Überlegung, sich Ordensschwestern (den Vinzentinerinnen) anzuschließen. In den meisten Schriften, vor allem aus der katholischen Welt, wird diese traumatische Erfahrung schlicht vertuscht bzw. übergangen.
Vermutlich aus finanziellen Gründen, aber auch aufgrund von Erkrankungen in der Familie zog sie 1806 zurück nach Hamburg, wo sie bis 1808 blieb. Zum Malen und Zeichnen kam sie kaum noch, erdrückend wurde für Maria Alberti der zunehmende Konflikt mit der Mutter, die ihrer Tochter die Konversion zur katholischen Kirche übelnahm und sie das spüren ließ. Aufgrund einer Serie von Erkrankungen in der Familie kam sie aus der Pflegetätigkeit nicht mehr heraus. Besonders belastend wurde für sie, dass sie in Hamburg – in der es noch keine Religionsfreiheit gab – nicht zur katholischen Messe gehen konnte. Hinzukamen die Lasten durch die französische Besatzung (seit 1806), die zu einem Massenexodus aus der Stadt und einer dramatischen Wirtschaftskrise führte.
Diese Zeit war auch überschattet von einem Zwiespalt, in dem sich Maria Alberti befand. Sie hatte ihrem verwitweten Schwager Waagen auf dessen Drängen und aus Mitleid das Jawort zur Ehe gegeben, doch nur unter der Voraussetzung, dass er zum katholischen Glauben übertrete, so wie sie es bereits getan hatte. Doch sie musste erkennen, dass Waagen nur um der zukünftigen Ehe willen zum katholischen Glauben konvertieren würde, nicht aus Glaubensüberzeugung. Doch solches Ansinnen widerstrebte der überzeugten Katholikin, gleichzeitig stand sie aber zu ihrem Versprechen. In diesem Dilemma zeigte sich durch den Wegzug Waagens nach Waltwasser bei Waldenburg ein Ausweg für Maria Alberti.
1808 brachte Maria Alberti ihre kranke Mutter und ihren kranken Bruder in Berlin und Schlesien unter. Viele hatten ihr Unterbringung angeboten, so auch die mit Maria Albert befreundete Familie von Hardenberg (Geschwister und Eltern von „Novalis“). Aber Maria Alberti machte sich auf den Weg nach Paris – zu den Vinzentinerinnen. Unterwegs machte sie Station in Münster, bei einer ihrer Schwestern.
In Münster wurde zu diesem Zeitpunkt bereits die Gründung eines Frauenordens u.a. nach dem Vorbild der Vinzentinerinnen geplant. Maria Alberti sagte zu und wurde die erste Oberin der „Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern von der allerseligsten Jungfrau und schmerzhaften Mutter Maria“, später Clemensschwestern genannt. Der neue Orden widmete sich vor allem der Krankenpflege, und als im Kriegsjahr 1812 in Münster aufgrund stationierter und durchziehender französischer Truppen eine Typhus-Epidemie ausbrach, infizierten sich die Ordensschwestern, Maria Alberti selbst starb am 1. Februar 1812 an den Folgen der Typhus-Infektion.
Gemälde: Maria Alberti, Anbetung der Hirten, ca. 1803, nach: Sebastiano Caonca (1720), Foto: M. DIeckmann
Als Malerin war sie, entsprechend den Möglichkeiten für Frauen damals, erfolgreich und auch anerkannt: vorrangig als Porträtistin und Kopistin. Sie gilt als „verschollene Malerin der romantischen Epoche“ (Joseph Körner, 1933). Die meisten ihrer Gemälde und Zeichnungen sind nicht mehr auffindbar oder wurden nicht identifiziert, darunter mehrere Porträtzeichnungen und -bilder aus dem Kreis der Jenaer und Dresdner Frühromantik. Etliche Gemälde, meist mit religiösen Themen, darunter auch Werke aus ihrer Zeit als Ordensfrau, sind verschollen bzw. während der Bombardierung Münsters im Zweiten Weltkrieg vernichtet worden.
Mit einer musikalischen Lesung feierten die evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden St. Katharinen und St. Trinitatis Altona zusammen mit etwa 50 Clemensschwestern aus Münster im November 2017 den 250. Geburtstag Maria Albertis unter dem Motto: „Marie kehrt zurück“.
Text: Martin Dieckmann
Literatur:
Maria Alberti, Quelle: www.clemensschwestern.de/gemeinschaft/geschichte/maria-alberti.html
Der Neue Rump: Lexikon der bildenden Künstler Hamburgs. Überarbeitete Neuauflage des Lexikons von Ernst Rump (1912). Hrsg. von Familie Rump. Ergänzt, überarbeitet und auf den heutigen Wissensstand gebracht von Maike Bruhns. 2. Aufl. 2013. Neumünster, S. 10.
Kai Sammet: Maria Agatha Alberti, in: Franklin Kopitzsch, Dirk Brietzke: Hamburgische Biografie. Personenlexikon. Bd, 3. Göttingen 2006, S. 15f.
Martin Dieckmann, Maria Alberti: Pastorentochter, Malerin, Ordensmutter. Eine Lebensreise durch Aufklärung, Frühromantik, Religion, Revolution und Krieg, Clemensschwestern Münster 2018.
Heinz Jansen: Briefe aus dem Stolberg- und Novalis-Kreis. Nebst Lebensbild ungedruckten Briefen von Tiecks Schwägerin, der Malerin und Ordensoberin Maria Alberti, Münster 1969.
Joseph Körner: Maria Alberti - verschollene Malerin der romantischen Epoche, Berlin 1933
Peter Schmidt-Eppendorf: Ein waches Herz für die Armen und Kranken - Maria Alberti, in: ders. Lebe Wohl du Stadt der Väter! Hamburg 2012.
 

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