Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Christa Siems-Raider

( Christa Siems-Raider, gesch. Hynitzsch, verh. Raider )
(28.06.1916 in Hamburg - 27.05.1990 in Hamburg)
Schauspielerin am St. Pauli-Theater ab 1946
Hallerstraße 5a (Wohnadresse)
St. Pauli Theater, Spielbudenplatz (Wirkungsstätte)
Fuhlsbüttler Straße 756, Ohlsdorfer Friedhof, Grab Nr. O 21, 213
Christa-Siems-Park, benannt 2018 im Stadtteil Harvestehude
Von ihrem ersten Engagement in Neuß berichtete Christa Siems: „Man tingelte von dort mit Carl Buntjes Volksstück ‚Der Etappenhase’ über die Dörfer. Für jede Vorstellung mußten wir uns einen anderen Kater als ‚Star’ besorgen. Damit die lieben Tierchen während der Vorstellung auch recht zutraulich waren, wurden sie mit leckersten Katzenbissen verwöhnt. Aber einmal tat man des Guten zuviel. Ich erinnere mich noch an diesen riesigen rothaarigen Kater, der mich durchaus nicht freundlich anschnurrte, als ich ihn auf den Arm nehmen mußte. Der Vorhang ging auf, und da bekam unser ‚Etappenhase’ einen Durchmarsch, der nicht von schlechten Katzeneltern war. Man bespritzte mich von oben bis unten mit Eau de Cologne, aber die Mischung dieser beiden Düfte war fürchterlich. Hinterher erfuhren wir, daß man unseren Kater mit Hack und Milch vollgestopft hatte.“
Christa Siems, in erster Ehe seit 1939 verheiratet mit dem Kapitän der HAPAG, Gerhard Hynitzsch (15.12.1912 Gleisien - 23.10.2003 Bischofswiesen) und nach ihrer Scheidung in zweiter Ehe ab 1960 verheiratet mit dem Regierungsamtmann Botho Raider (8.2.1908 Hamburg - 15.10.1987 Hamburg), stammte aus Hamburg-Eilbek und wollte eigentlich Ärztin werden. Gleichzeitig faszinierte sie aber auch das Theater. Sie entschied sich für letzteres und ging gleich nach dem Abitur nach Düsseldorf auf die Schauspielschule. Sie erhielt Engagements in Flensburg, Neuß und Halle. 1946 kehrte sie mit ihren Kindern aus erster Ehe – Christel, Gunnar und Jürgen – nach Hamburg zurück und trat nach siebenjähriger Bühnenpause am St. Pauli-Theater auf. Über ihren ersten „Auftritt“ am St. Pauli-Theater berichteten die Zeitungen: „Vom Regen durchnäßt, stand sie vor der St. Pauli-Theaterdirektorin Anna Simon, die sie fragte: ;Können Sie tanzen und singen?’“ Als Anna Simon der neuen Schauspielerin die Rolle einer radebrechenden Amerikanerin in dem Stück „Das kann Familie Meier nicht erschüttern“ gab, begann die Karriere einer großen Komikerin.
Christa Siems blieb mehr als 35 Jahre am St. Pauli-Theater. Fast täglich brachte sie ihre Zuschauerinnen und Zuschauer zum Lachen. Sie hatte einen deftigen Humor und eine markante Stimme, die nach eigenen Aussagen den Klang von ablaufendem Badewasser hatte. Sie galt als Bühnenliebling ohne Allüren und wurde auf der Straße mit dem Vornamen angesprochen.
Sie spielte nicht nur komische Rollen. Auch im ernsten Fach war sie eine gute Schauspielerin. So trat sie am Deutschen Schauspielhaus als Mutter Courage auf oder spielte 1982 in den Hamburger Kammerspielen in Wolfgang Borcherts Stück „Draußen vor der Tür“. Ihre Lieblingsrolle war jedoch die von Paul Möhring geschriebene „ Zitronenjette“, die sie mehr als 300-mal darstellte.
In einem Zeitungsartikel hieß es über Christa Siems: „Sie war immer in Fahrt. Auf der Bühne und im Privatleben. (‚Ich kann man nicht so langsam herumgurken.’) Der Haushalt wird versorgt. Schnell auf einen Sprung ins Funkstudio oder zum Fernsehen. Kommt der teure Gatte, der Regierungsamtmann Botho Raider, vom gegenüberliegenden Eimsbüttler Rats-Hochhaus heim, ist es schon wieder Zeit für die Bühne! Daher: Nie Zeit! ‚Für mich gibt’s kein Ostern, kein Pfingsten und kein Weihnachten.’“
Christa-Siems-Park; Foto: Günter Stello
Nach den anstrengenden Vorstellungen fuhr sie abends mit dem Taxi in ihre Wohnung in die Hallerstraße 5a. Abschalten von der Arbeit konnte sie mit einem guten Krimi oder beim Spiel „66“.
Ihre neuen Rollen lernte sie immer nachts: „Ich kann am besten nachts lernen. Keinen stört dann mein Dahergebrabbel. Hinterher kommt die Rolle unters Kopfkissen. Dreimal klopfen ist auch gut.“
Christa Siems trat auch im Film und Fernsehen auf, so in den Stücken „Für die Katz“ (1940), „Pension Schöller“ (1960) und „Bei Pichler stimmt die Kasse nicht“ (1961). Und sie wurde durch die beliebte Sendereihe „Land und Leute“ des NDR Hörfunks zur Legende. Sie verkörperte die „Elly“, Tochter kleiner Leute, die in einem Gemüseladen arbeitete und ihre Bildung über den Lesemappendienst erhielt. Der NDR-Redakteur Hermann Rockmann erfand diese Sendereihe, die ab Mitte der 60er-Jahre bis Ende 1980 immer donnerstags für 25 Minuten gesendet wurde. Der Schauspieler und Autor Günther Lüdke schrieb die meisten Texte und erfand auch die Hauptperson Elly.
Von 1975 bis 1982 wurde sie vielen Kindern als Oma Kluge in der Sesamstraße, in der sie einen Tante-Emma-Laden betrieb, bekannt.
In den letzten Jahren ihres Lebens trat Christa Siems nicht mehr auf. Sie lebte zuletzt im Hamburger Altersheim „Rosenhof“.
Text: Rita Bake
Quellen:
Vgl: Marilen Andrist: Das St. Pauli Theater. Hamburg 1991.
Eberhard von Wiese: Lachen mit Christa Siems, in: Hamburger Abendblatt vom 23.3.1966.
Eberhard von Wiese: Schon ihr erster Auftritt war ein Lacherfolg. Christa Siems erzählt Theater-Döntjes, in: Hamburger Abendblatt vom 10.3.1977.
Gisela Kranefuss: Angst und Bange – zwei Hamburger Originale in Platt und Missingsch, in: Die Welt vom 15.11.1980.
„Als ‚ Zitronenjette‘ bleibt sie unvergeßlich. Christa Siems zum Gedenken, in: Bühne, Jg. 41, Heft 1, August 1990.
 

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