Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Hanne Darboven

(29.4.1941 München – 9.3.2009 Hamburg)
international renommierte Harburger Konzeptkünstlerin, die sich in ihren Werken insbesondere mit dem Sichtbarmachen von Zeiträumen beschäftigte
Am Burgberg 26 Rönneburg (Wohn- und Atelieradresse)
Schwarzenbergstraße 95: TU Hamburg Harburg (ausgestelltes Werk von Hanne Darboven)
Namensgeberin für: Hanne-Darboven-Ring in Eißendorf, benannt 2011
Als Tochter von Kirsten und Caesar Darboven 1941 in München geboren, wuchs die mittlere von drei Töchtern in einer Harburger Kaufmannsfamilie auf. Der Vater war Inhaber der Kaffeefirma Johann Wilhelm Darboven. (Diese Firma bestand bis 1972 und ist nicht zu verwechseln mit der Kaffeefirma von Johann Joachim Darboven, gegründet 1886 in Hamburg. Dessen erhalten gebliebene kostbare historische Einrichtung der Dampf-Kaffeerösterei mit Ladengeschäft von 1895 in der Lüneburger Straße 7 befindet sich im Bestand des Helms-Museums Harburg; [1]
Schon als Kind bekam sie in ihrem Elternhaus Klavier- und Zeichenunterricht. Zwischen 1962 und 1965 studierte sie an der Hamburger Hochschule für Bildende Künste bei Willem Grimm und Almir Mavignier. Von 1966 bis 1968 lebte und arbeitete sie in New York. Dort begegnete sie Künstlern der Minimal Art wie Sol LeWitt oder Carl André. In dieser Zeit entstanden die ersten seriellen Zeichnungen auf Millimeterpapier. Im Rahmen einer extremen Konzept- und Minimal-Kunst entwickelte Hanne Darboven Systeme einfacher Zahlenabläufe und Zahlenkolonnen und Kästchen aus scheinbar beliebigen Kalenderdaten in streng vorbestimmten Strukturen (zum Beispiel 3-5-7-5-3) mit komplexen Variationsfolgen. Ihre erste Einzelausstellung hatte sie 1967 in Düsseldorf bei dem Maler und Galeristen Konrad Fischer (vertrat wegweisende Kunstrichtung des „Kapitalistischen Realismus“). 1973 stellte Hanne Darboven ihre Arbeiten bei Leo Castelli in New York aus.
Nach dem Tod ihres Vaters kehrte sie 1969 kehrte sie nach Hamburg zurück und lebte in ihrem Atelier in Rönneburg, hielt aber weiterhin Kontakt zu der New Yorker Szene. Ihre Werke wurden dort, aber auch in anderen Städten der USA sowie in Europa regelmäßig ausgestellt.
In Rönneburg begann nun ihre Schreibzeit: „Ich schreibe, aber ich beschreibe nichts“ oder „ich schreibe, aber ich lese nicht“, so die Künstlerin über das Ritual ihres Schreibwerks, welches schließlich zehntausende Seiten umfasste, gefüllt „mit nimmer enden wollenden Schriftzeilen (...), Kästchen und Linien, Abschreiben aus dem Brockhaus, aus ‘Spiegel‘-Magazinen, Gedichten und Schriften von Lao Tse über Martin Luther zu Charles Baudelaire und Friedrich Hölderlin.“ [2] Sie bezog Monumentalwerke, etwa Homers „Odyssee“ oder Heinrich Heines Fragment „Atta Troll“, in ihre kulturgeschichtlichen Diagramme ein. In ihnen dokumentierte sich vor allem eines: der unbewusste Zeitfluss – auf dem Hintergrund historischer und damals aktueller geistesgeschichtlicher Parameter. Frühe akustische und optische Eindrücke fanden Eingang in ihr Oevre: Verlesen von Kaffeebohnen, Bildungsbürgerliches, Buchhalterisches. In der Arbeit „Friedrich II, Harburg 1986“ verwendete sie vierhundert Mal das Motiv einer Postkarte von 1910, auf der in Harburgs Zentrum der Kaffeeladen der Darbovens zu sehen ist. Auf 19 Blättern schrieb sie die Biographie Friedrichs II. von Preußen (1712-1786) ab. Vier Blätter ermöglichen die Überleitung zum Heute, sieben nimmt sie für die Jahresrechnungen und 365 für Tagesrechnungen. Das von ihr entwickelte „Konzept zur Fortschreibung der Zeit“ besteht aus dem Weiterrechnen von Quersummen, so dass am Ende jeder Tag seine eigene Zahl, seine eigene Einmaligkeit erhält.
Als begabte Pianistin setzte sie ab 1980 ihre Zahlensysteme in Notationen um, die sie für Instrumente arrangieren ließ. 1994 erhielt die Künstlerin in Hamburg u. a. den angesehenen Lichtwark-Preis. Zuletzt auf der documenta 11-2002 (sie nahm mehrmals an der documenta in Kassel teil) auch in Filmdokumentationen zu erleben, versetzte sie dort drei Stockwerke des Fridericianums mit mehr als 4000 einzeln gerahmten Photokopien von Zahlenfolgen ihres Opus „Kontrabassolo, opus 45 (1998-2000) in optische Schwingungen. Zwei Jahre zuvor hatte sie eine nach ihr benannte Stiftung begründet, die „das umfangreiche Schaffen ihrer Stifterin als international anerkannter Künstlerin bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich machen“ sowie junge Künstlerinnen und Künstler unterstützen soll. Vorsitzender ist ihr Cousin Albert Darboven. Die resolute, stets politisch wachsame Künstlerin verstarb 2009 mit 67 Jahren an Lymphdrüsenkrebs. Ihr Credo ist zugleich Schlüssel für ihr Lebenswerk: „Eins und eins ist eins zwei. Das ist meine Urthese für alle Gesetze, die bei mir mathematisch durchlaufen. Ich schreibe mathematische Literatur und mathematische Musik.“ [3]
Text: Cornelia Göksu
Quellen:
1 Christian Bittcher, hanonline.de.
2 Mirja Rosenau in art-magazin 13.3.2009.
3 de.wikipedia.org/wiki/Hanne_Darboven, NetPalnet Harburg, Stiftungs-Website.
 

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