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Ilse Elsner

( Dr. Ilse Elsner, geb. Künzel )
(25.11.1910 Berlin – 15.12.1996 Hamburg)
Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft (SPD), Senatorin
Hamburger Rathaus, Rathausmarkt (Wirkungsstätte)
Ringstraße 241 (Wohnadresse)
Lenhartzstraße 16 (Wohnadresse)
Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756 (Grabstätte)
Ilse Elsner (Mitte), Quelle: By MoSchle (Own work) (GFDL (www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC BY 3.0 (creativecommons.org/licenses/by/3.0)), via Wikimedia Commons
„Wieviel Energie, Mut und Fachwissen Sie seinerzeit haben einsetzen müssen, kann an den immer noch viel zu seltenen Frauenkarrieren heutzutage unschwer ermessen werden. Ihnen ist es gelungen, sich in zwei verschiedenen Bereichen hohe Anerkennung zu erwerben: als Journalistin bei zwei angesehenen Tageszeitungen und später als Politikerin auf Landes-, Bundes- und Europaebene“, schrieb 1995 der damalige Erste Bürgermeister Dr. Henning Vorscherau anlässlich des 85-jährigen Geburtstages von Dr. Ilse Elsner. Geboren in Berlin als Tochter eines Holzbildhauers, besuchte Ilse Elsner die Mittelschule und Höhere Handelsschule in Berlin, ließ sich zur Fremdsprachensekretärin ausbilden und kam 1930 nach Hamburg. Neben ihrer Tätigkeit als Sekretärin in der Privatwirtschaft bei General Motors machte sie 1931 das Abendabitur und studierte dann zwischen 1932 und 1936 Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg. 1936 schloss sie das Studium mit der Promotion zum Dr. rer. pol. ab. Von 1936 bis 1942 war sie Direktionsassistentin bei der Deutsch-Amerikanischen Petroleum-Gesellschaft in Hamburg. Die Zeit des Krieges überlebte Dr. Ilse Elsner in einer Dachwohnung. Im vierten Kriegsjahr heiratete sie. „Ich glaubte, daß ich meinem Leben damit in diesem ganz und gar sinnlosen Geschehen einen Sinn geben könnte. Aber dieser Schritt löste keine Probleme, er brachte nur neue.“
1943 arbeitete sie bis zur Geburt ihrer Tochter in der Firma Möhrle in Hamburg.
In der NS-Zeit trat Ilse Elsner nicht der NSDAP bei. Ab 1939 war sie Mitglied im NS-Reichswahrerbund. (Staatsarchiv Hamburg 221-11 _ P 11142). Dieser war aus dem 1928 gegründeten Bund Nationalsozialistischer Juristen hervorgegangen. Diese „1936 in NSRB umbenannte Fachorganisation der NSDAP (Organ: Deutsches Recht; Aufgabe: Schulungen) wuchs nach erfolgter Gleichschaltung der Juristenverbände bis auf 104 000 Mitglieder an, verlor aber zunehmend an rechtspolitischem Einfluß.“ (Michael Hensle: Nationalsozialistischer Rechtswahrerbund (NSRB), in: Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (Hrsg.: Enzyklopädie des Nationalsozialismus. 2. Aufl. München 1098, S. 609.)
Nach dem Krieg arbeitete sie als Übersetzerin im Landeswirtschaftsamt und übersetzte, wie sie später schrieb, lustlos langweilige Behördenbriefe. Dann kam die Zeit, als das „Hamburger Echo“ seine Arbeit wieder aufnahm. Bei dieser sozialdemokratischen Zeitung begann Frau Elsner als Übersetzerin von Artikeln, aber schon 1946 wurde sie festangestellte Redakteurin. „In diese schwierige Zeit fiel die Rückkehr meines Mannes aus norwegischer Internierung. Wir waren uns fremd geworden (...). Unsere Lebensverhältnisse waren viel zu beengt, als daß wir noch hätten zueinander finden können. Aber auch unser Rollenverständnis, in den Kriegsjahren beiseite geschoben und nicht ausgetragen, ließ auf keine Einigung hoffen. Ich war ganz sicher, daß ich mich mit einer Rolle als Hausfrau nicht würde begnügen können. (...) So gaben wir schließlich im Einvernehmen die Ehe auf: unsere Tochter blieb bei mir.“ Die Arbeit als Redakteurin gefiel ihr. Im April 1947 wurde Dr. Ilse Elsner Mitglied der Deputation für Wirtschaft, und 1948 wurde ihr die Leitung der Wirtschaftsredaktion im „Hamburger Echo“ übertragen. Anfang 1951 wechselte sie als politische Redakteurin zur Zeitung „Die Welt“, wo sie bis 1961 arbeitete und für das Thema Sozialpolitik zuständig war. „Im Frühjahr 1957, nach einem Gespräch im Landesvorstand der Hamburger SPD, fragte mich Helmut Schmidt, ob ich für den Bundestag kandidieren wolle. Im Prinzip wollte ich schon, aber ich war mir meiner Eignung für eine solche Aufgabe nicht sicher. Als Journalistin hatte ich mich durchsetzen können. Würde mir das als Abgeordnete auch gelingen? Würde ich es noch lernen, frei weg zu reden ohne Manuskript? Und wohin würde ich mich wenden können, wovon leben, wenn mir das nicht gelang und ich auf Widerstand träfe bei der Kandidatenaufstellung für die nächste Wahl ? (...) Derart entmutigt sah ich 1957 von einer Kandidatur ab. Ohnehin war das besser für meine erst dreizehnjährige Tochter. Ich wandte mich wieder ganz meiner journalistischen Arbeit zu, weitete sie sogar, um mehr Unabhängigkeit zu gewinnen, auf andere Medien aus; ich begann mit Fernsehfilmen aus dem Arbeitsleben. (...) Anfang 1961 fragte mich Helmut Schmidt wieder (...). Bei der „Welt“ hatte sich inzwischen vieles geändert. Nach der erfolglosen Moskau-Reise, die Axel Springer zusammen mit Hans Zehrer unternommen hatte, beide in dem Glauben, sie würden im Kreml mehr als alle Politiker erreichen, war der Kurs aller Springer-Zeitungen noch weiter nach rechts gelaufen. (...) Ich willigte ein in die Kandidatur. Das finanzielle Risiko, das ich damit auf mich nahm, war groß.“ Dr. Ilse Elsner kam in den Bundestag, wurde Mitglied im Sozialausschuss, im Gesamtdeutschen Ausschuss und im Europäischen Parlament. „Wer Hamburg im Europäischen Parlament vertreten will, muß dies und anderes auf sich nehmen: Flüge bei jedem Wetter, Nächte im Schlafwagen, Warten auf zugigen Bahnsteigen, endloses Dahinrollen auf Autobahnen, Hotelzimmer im lärmenden Zentrum der Städte. Er muß bereit sein, zwischen sechs Hauptstädten zu leben.“ Im März 1964 wurde Dr. Ilse Elsner Vorsitzende des Wirtschafts- und Finanzausschusses des Europäischen Parlaments. „Das war ein Novum in der Geschichte dieses Parlaments; zum ersten Male gab es eine Frau als Ausschußvorsitzende! Überraschend genug ergaben sich auf keiner Seite Schwierigkeiten. Nur die Anrede machte den Franzosen Kopfzerbrechen; sie entschieden sich für ‚Madame le président‘. Das ließ die Männlichkeit des Postens unangetastet.“ Bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Europäischen Parlament im Jahre 1970 leitete sie sechs Jahre lang den Ausschuss. 1970 fanden in Hamburg Bürgerschaftswahlen statt, und Dr. Ilse Elsner wurde von 1970 bis 1972 als Senatorin die Bevollmächtigte für die Hansestadt Hamburg in Bonn und damit die erste Frau, die dieses Ressort übernahm und von 1972 bis 1973 Präses der Gesundheitsbehörde und damit auch hier in dieser Funktion die erste Frau. „1970, bei meinem Eintritt in den Senat, hatte ich meine Parteifreunde wissen lassen, daß ich nur noch eine Legislaturperiode für die politische Arbeit zur Verfügung stehen würde. Ich war gesundheitlich angeschlagen und hatte Sehnsucht nach einem ruhigeren Leben. Obwohl ich an meiner neuen Aufgabe viel Gefallen fand, hielt ich an meinem Entschluß fest. (...) Wenn ich heute abwäge, wo ich mehr bewegen konnte, in meiner parlamentarischen Tätigkeit oder als Journalist, so bin ich geneigt, den Erfolg der journalistischen Arbeit höher zu bewerten. Dies mag so sein, weil sie in die erste Aufbauphase der Bundesrepublik fiel, in der man noch viel Orientierung und Rat geben konnte. Als ich in den Bundestag eintrat, war zumindest die Richtung der noch offenen Neuordnungen durch die politischen Mehrheitsverhältnisse gegeben. Den eigenen Anteil am schließlich Erreichten konnte man kaum abschätzen. Persönliche Befriedigung war daher auch schwerer zu finden als in manchem anderen Beruf.“ [1]
Text: Rita Bake
Zitat:
1 Zit. nach: Abgeordnete des Deutschen Bundestages. Aufzeichnungen und Erinnerungen. Bd.3.: Ilse Elsner, Hugo Karpf, Wilderich Freiherr Ostman von der Leye, Elisabeth Pitz-Savelsberg, Dietrich-Wilhelm Rollmann. Boppard am Rhein 1985.
 

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