Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Erna Schlüter

(5.2.1904 Oldenburg i.O. – 30.11.1969 Hamburg)
Sopranistin, Kammersängerin
Harvestehuder Weg 99 (Wohnadresse
Dammtorstraße 28, Hamburgische Staatsoper (Wirkungsstätte)
Bestattet in Oldenburg auf Gertrudenfriedhof
Die „bedeutendste deutsche hochdramatische Sopranistin ihrer Epoche“, wie es in Riemanns Sängerlexikon heißt, war bereits 1940 an die Hamburgische Staatsoper verpflichtet worden und wirkte hier bis 1956.
Ihr Debüt gab Erna Schlüter 1922 als Altistin in Oldenburg. 1925 ging sie nach Mannheim, wo sich ihre Stimme zum hochdramatischen Sopran entwickelte. Während ihres Engagements in Düsseldorf von 1930 bis 1940 hatte sie bereits große Erfolge bei Gastspielen im In- und Ausland.
[Ergänzung von Rita Bake: In der NS-Zeit trat Erna Schlüter nicht der NSDAP bei. Sie war in dieser Zeit Mitglied der NSV und von 1937 bis 1943 Mitglied des Reichskolonialbundes sowie Zwangsmitglied der Reichstheaterkammer. (Staatsarchiv Hamburg 221-11 F(P) 1142)
Die NSV war mit „17 Mio. Mitgliedern (1943) nach der Dt. Arbeitsfront die größte (…)NS-Massenorganisation.(…) Ihren Anspruch auf Monopolisierung der gesamten freien und öffentlichen Wohlfahrt konnte die N. zwar nicht realisieren, doch gelang es ihr, die in der freien Wohlfahrtspflege tätigen Verbände zurückzudrängen bzw. gleichzuschalten (…). Angesichts der ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel (Mitgliedsbeiträge, Spenden, staatliche Zuwendungen) war es ihr n möglich, in alle Bereiche der Wohlfahrt zu expandieren (…). Aufgrund ihrer scheinbaren Ideologieferne war die Arbeit der N. populär und die Mitgliedschaft erschien auch für diejenigen, die dem Regime eher zögernd oder kritisch gegenüberstanden, aber aus Opportunitätsgründen in eine Parteiorganisation eintreten wollten, akzeptabel. Tatsächlich war die Arbeit der N. von rasse- und erbbiologischen Selektionskriterien bestimmt (…).“(Marie- Luise Recker: NS-Volkswohlfahrt, in: Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus. 2. Aufl. , München 1998, S. 619.)]
1938 erhielt sie den Titel Kammersängerin.
Im Januar 1948 trat Erna Schlüter als erste deutsche Sängerin nach dem Zweiten Weltkrieg an der Met in New York als Isolde in Wagners „Tristan“ auf. Während sie nach eigenen Aussagen beim Publikum starken Beifall fand, waren die Kritiken in der Presse vernichtend. „Die schlechteste Isolde der Welt“, nannte sie die „Times“, und die übrige Presse richtete scharfe Angriffe gegen die Direktion der Met, die mit Erna Schlüter „die schlechteste Verkörperung einer Titelpartie“ verpflichtet habe. Aufschlussreich, wie die deutsche Presse auf diesen Zwischenfall reagierte. „Die Zeit“ vom 29.5.1948 ließ keinen Zweifel an der Größe der Sängerin. Sie sah hinter der Kritik ihrer künstlerischen Leistung „die politisch-propagandistische Tendenz, dass eine deutsche Künstlerin, die während der bewußten zwölf Jahre in Deutschland habe auftreten dürfen, schon allein deswegen in Amerika indiskutabel sei – ein Standpunkt, den viele Leute in Deutschland schon überwunden glaubten“. Ähnlich hatte das „Hamburger Echo“ am 3.1.1948 geurteilt. Die „Hamburger Allgemeine Zeitung“ dagegen bestand nicht auf der gesanglichen Qualität Erna Schlüters. Stattdessen holte sie unter Rückgriff auf den Mythos deutscher Innerlichkeit zum Gegenangriff aus, als sie am 10.1.1948 schrieb: „Nach acht Jahren Unterernährung haben wir keine Sänger und Sängerinnen anzubieten, die im dollarstarken Amerika, wo gegen hohe Gagen schlackenlose Gesangsleistungen erwartet werden, mit ihren Stimmen brillieren können. Aber aus Deutschland kommen jene wissenden, großen Künstler, die, auch wenn sie gesanglich mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben, ein Kunstwerk aus der inneren Fülle deuten können.“
Text: Brita Reimers
 

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