Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Ihre Suche

Julie Eichholz

( Julie Josefine Catharina Eichholz, geb. Levi )
(22.3.1852 Zweibrücken – 24.12.1918 Hamburg)
Frauenrechtlerin
Klosterstieg 17 (Wohnadresse)
Brandsende 5 (Wirkungsstätte)
ABC-Straße 57 (Wirkungsstätte)
Moorweidenstraße 5 (Wirkungsstätte)
Bestattet auf dem Jüdischen Friedhof an der Ilandkoppel. Grablage: C9-202
Von 1900 bis 1904 hatte die mit einem Juwelier und Uhrenhändler verheiratete Julie Eichholz den Vorsitz der Ortsgruppe Hamburg des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF). So wie Helene Bonfort gehörte auch sie dem gemäßigten Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung an. Ihr Hauptbetätigungsgebiet war der Rechtsschutz. Sie war Erste Vorsitzende der Rechtsberatungsstelle der Ortsgruppe Hamburg des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins. In dieser Eigenschaft mietete sie im Haus Brandsende 5 die Räumlichkeiten für die 1896 vom ADF gegründete Rechtsberatungsstelle. Hier wurde „von Frau zu Frau beraten“. „Die beratenden Frauen mußten sich dafür eigenständig und unabhängig von einer Ausbildungseinrichtung in wichtige juristische Fragen einarbeiten, um kompetenten Rat zu erteilen. Bis 1908 durften Frauen in Preußen nur mit Ausnahmegenehmigung studieren, und in Hamburg selbst gab es bis 1919 noch keine Universität. Aufgrund dieser Situation konnten nur wirtschaftlich unabhängige bzw. nicht auf Erwerbsarbeit angewiesene Frauen in der Rechtsberatung tätig werden, da nur sie die entsprechende Zeit für das Selbststudium erübrigen konnten. Die Beratung ‚von Frau zu Frau‘ korrespondierte daher mit einer Beratung von ‚Bürgerin zu Arbeiterin‘.“ [1] In Laura Bromberg (15.12.1852-20.12.1927 Hamburg) hatte Julie Eichholz eine kompetente zweite Vorsitzende. Der „Hamburger Correspondent“ schrieb am 27.12.1927 anlässlich des Todes von Laura Bromberg über deren Tätigkeit in der Rechtsberatung. „Hier tätig zu sein, hier mit jener scharflogischen, und in aller Wirrnis der meist mit bedeutend mehr Breitschweifigkeit als Klarheit von den Klientinnen (aller Gesellschaftsschichten) vorgetragenen Klagen, den Kernpunkt erkennenden Art der Sache auf den Grund zu gehen und ihren Schützlingen mit weitsichtigem, lebenserfahrenem Rat und Tat beizustehen, war ihr selbstverständliche, liebgewordene Pflicht.“
Julie Eichholz war zu Beginn des 20. Jahrhunderts neben Laura Bromberg und der Oberin des Allgemeinen Krankenhauses Eppendorf, Hedwig von Schlichting (29.10.1861 Berlin – 14.11.1924 Hamburg) auch im Vorstand der „ Stellenvermittlung für weibliches Hauspersonal“ mit Sitz in der ABC-Straße 57, welche auf Anregung der Ortsgruppe Hamburg des ADF gegründet worden war, um den damals bestehenden Mangel an Dienstboten zu beheben und eine „Hebung des Dienstbotenstandes“ zu erreichen. Um Letzteres voranzutreiben, wies die Stellenvermittlung Arbeitgeberinnen auf ihre Vorbildfunktion hin. Die Mitglieder der Stellenvermittlung waren meist Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber (1907 ca. 4000 Mitglieder). Ihnen war daran gelegen, „ordentliche“ Dienstmädchen einzustellen. Deshalb erhielten Dienstbotinnen die Möglichkeit, sonntags zwischen 17 und 22 Uhr die „Sonntäglichen Heimstuben“ zu besuchen. Dort gab es eine kleine Bibliothek. Im Winter wurde „gesellige, ernste und heitere Unterhaltung“ geboten, im Sommer monatlich einmal ein Ausflug unternommen und jeden Donnerstag zwischen 20 und 22 Uhr ein Gesangsabend veranstaltet.
(Ausschnitt aus dem szenischen Rundgang: "Was glaubt Ihr denn wer wir sind? - Her mit dem Frauenwahlrecht", Sprecherinnen: Rita Bake, Herma Koehn, Hanka Schmidt)
1902 gründete Julie Eichholz den „Verband Norddeutscher Frauenvereine“, dem zunächst siebzehn Frauenvereine angeschlossen waren und dem Julie Eichholz bis 1912 vorstand, sowie 1904 den „ Hamburger Hausfrauen Verein“ (HHV). Er war aus der „Stellenvermittlung“ hervorgegangen und hatte deshalb auch seinen Vereinssitz in der ABC-Straße 57, später dann in der Moorweidenstraße 5.
1904 kam es zwischen Julie Eichholz und Helene Bonfort zu einem schweren Zerwürfnis. U.a. hatte Julie Eichholz versucht, den ADF zum „Sammel- und Mittelpunkt der gemäßigten Frauenbewegung, als Gegenpartei des Fortschrittlichen Verbandes“ zu implementieren. „Mit einfach ‚Frauenbewegung treiben‘ kommen wir nicht mehr aus. (…) Die Radikalen und die Evangelischen treiben auch Frauenbewegung, deshalb müssen wir mit einem festen, von ihnen verschiedenen Programm auf den Plan treten; wir müssen sagen können, dies thun wir und das thun wir nicht, wir können unsere höchsten Ziele nennen, aber dazu auch den von den anderen verschiedenen Weg, die verschiedenen Mittel dazu nicht verschweigen.“ [2]. Julie Eichholz widersprach der Auffassung des ADF, er sei das Sprachrohr der einheitlich agierenden bürgerlichen Frauenbewegung. Sie vertrat vielmehr die Meinung, die Frauenbewegung würde von unterschiedlichsten Gruppierungen betrieben, die selbst für sich sprechen wollten.
Doch dieser Einstellung folgten weder Helene Bonfort in Hamburg noch Helene Lange für Deutschland. Julie Eichholz wurde im Winter 1904 als Vorsitzende der Ortsgruppe Hamburg des ADF abgewählt. Der ADF meinte nach wie vor der Mittelpunkt der Frauenbewegung in Hamburg zu sein. Wegen dieser Differenzen mit ihren Mitstreiterinnen engagierte sich Julie Eichholz bald fast nur noch in den von ihr selbst gegründeten Frauenvereinen. Diese wandten sich entschieden gegen die Ziele und Methoden der radikalen bürgerlichen Frauenbewegung. Gleichzeitig waren sie weitaus frauenrechtlerischer in ihrer Vorgehensweise und auch in ihrer inhaltlichen Ausrichtung als die Vereine des ADF. So wandte sich Julie Eichholz gegen den § 218 und forderte die ersatzlose Streichung dieses Paragraphen. Auch vertrat sie in der Frage der Zulassung von Frauen zum Amt des Armenpflegers einen frauenrechtlerischen Standpunkt - im Gegensatz zu Helene Bonfort, die ihre Mitstreiterinnen aufforderte „jedes Pochen auf den frauenrechtlerischen Standpunkt abzulegen“. Julie Eichholz entwickelte sich zu einer gemäßigten Frauenrechtlerin.
Nachdem Julie Eichholz den ADF verlassen hatte, löste sie 1911 ihre Vereine von der Ortsgruppe Hamburg des ADF ab. Im selben Jahr gründete sie den „ Rechtsschutzverein für Frauen“. Seine Auskunftstelle befand sich im Parterre eines großbürgerlichen Etagenhauses an der Moorweidenstraße 5. Die Sprechzeiten waren: Mi u. Sa. 19-21 Uhr, Fr.: 10-12 Uhr. Rechtsschutz: Di: 7.30 - 9 Uhr.
Der Verein bot Frauen mit wenig Einkommen Rechtsauskunft besonders in Ehe-, Miet- und Lohnstreitigkeiten, in Erbschaftsangelegenheiten, bei Vertragsabschlüssen und bei der Anfechtung von Schadensersatzansprüchen.

Bereits 1907 hatte sich Julie Eichholz Hamburger Hausfrauen Verein (HHV) vom ADF getrennt. Der HHV verstand sich als „Interessensvertretung der Arbeitgeberinnen“, [3] also der Hausfrauen gegenüber ihren Dienstbotinnen. Gleichzeitig hatten sie auch den Anspruch „die Interessen der Dienstmädchen berücksichtigen zu wollen“. [4]
„Als (…) ab 1906 die Sozialdemokratinnen auch in Hamburg begannen, sich für die Nöte der Dienstbotinnen zu interessieren und entsprechende Vereine zu gründen, führte der HHV eine entschlossene Auseinandersetzung mit dem Ziel, die sozialdemokratischen Vereine zu schwächen.“ [5]
In der „Hamburger Frauen Zeitung“, der kostenlosen Vereinszeitung des HHV, bot die Rubrik „Für unser Hauspersonal“ „meistens (…) belehrende Aufsätze über ‚das Wesen des Dienens‘ oder Tips für Küche und Haushalt. Insgesamt betrachtet waren die Initiativen des HHV darauf ausgerichtet, ein reformiertes, aber an traditionell patriarchalischen Vorstellungen orientiertes Dienstverhältnis zu erhalten – auch um weitergehende Ansprüche der Sozialdemokratie abzuwehren. Im Laufe seiner Tätigkeit wurde der HHV daher immer stärker ein berufspolitischer Verein für Arbeitgeberinnen.“ [6]
Grabstein von Julie Eichholz auf dem Jüdischen Friedhof Ihlandkoppel; Foto: kulturkarte.de/schirmer
Als Julie Eichholz starb gab es mehrere Nachrufe in den Hamburger Tageszeitungen. Der „Hamburger Correspondent“ schrieb am 29.12.1918: „Mitten aus regem Schaffen hat der Tod Julie Eichholz gerissen. Noch am Tage zuvor, ehe ein Schlaganfall sie dahin raffte, war sie mit Plänen beschäftigt, wie der Hausfrauenverein politisch aufzuklären sei.
Dieser Verein, aus ihrer Initiative vornehmlich entstanden, war ihr Lieblingskind und machte ihr viel Freude durch seine gedeihliche Entfaltung. Als erfahrene und nachdenkliche Hausfrau war sie von jeher überzeugt, daß die Reform des Dienstbotenwesens mit weitgreifenden kulturellen Aufgaben im Zusammenhang stehe, an deren Lösung die gebildeten Frauen regen Anteil nehmen müßten. Die Frauen wurden daher durch rege Werbearbeit zur Mitarbeit an dem gemeinnützigen Werke herangezogen, dem sich allmählich schätzenswerte Einrichtungen zur sozialen und geistigen Hebung und eine vortreffliche Fachschule zur Ausbildung von Hausmädchen angliederten.
(…) Es ist bezeichnend für die tüchtige und umgängliche Frauenrechtlerin Frau Eichholz, daß ihr durch viele Jahre hindurch eine Gruppe von treuen Helferinnen zur Seite gestanden hat, denen die Fortführung ihrer Bestrebungen gemäß den Forderungen einer neuen Zeit, sicher am Herzen liegen wird.“
Text: Rita Bake
Quelle:
1 Kirsten Heinsohn: Politik und Geschlecht. Zur politischen Kultur bürgerlicher Frauenvereine in Hamburg. Hamburg 1997, S. 240.
2 Kirsten Heinsohn, a. a. O., S. 236.
3 Kirsten Heinsohn, a.a.O., s. 277.
4 ebenda.
5 Kirsten Heinsohn, a. a. O., S. 279.
6 Kirsten Heinsohn: Politik und Geschlecht. Zur politischen Kultur bürgerlicher Frauenvereine in Hamburg. Hamburg 1997.
 

Namen und Zeitepochen

Personensuche

  • (am besten nur Vor- ODER Nachname)

Historisch

 

Geografische Spuren

Meine Straße

Geografisch

 

Schlagworte und freie Suche

Thematische Suche

  • (z.B. Berufe, Gebäude, spezielle Ort)

Themenübersicht auf hamburg.de

Service-Angebote im Überblick