Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Emma Ender

( Emma Ender, geb. Behle )
(2.8.1875 Frankfurt a. Main - 25.2.1954 Hamburg)
Frauenrechtlerin des gemäßigten Flügels der bürgerlichen Frauenbewegung, Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft (DVP)
Armgartstraße 20 (Wohnadresse)
Harvestehuder Weg 94, 1. Stock (Wohnadresse)
Garten der Frauen, Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756 (Erinnerungsstein)
Hamburger Rathaus, Rathausmarkt (Wirkungsstätte)
(Ausschnitt aus dem szenischen Rundgang: "Was glaubt Ihr denn wer wir sind? - Her mit dem Frauenwahlrecht", Sprecherinnen: Rita Bake, Herma Koehn, Hanka Schmidt)
1925, zum 50. Geburtstag Emma Enders schrieb der Hamburgische Correspondent: „Ihr Leben galt einzig und allein der Emanzipation der Frau. Um dieses gleiche Recht der Frau im öffentlichen Leben hat Emma Ender Zeit ihres Lebens gekämpft, aber sie tat es nie mit dem Fanatismus der sog. Frauenrechtlerin, immer mit dem klugen und gesunden Gefühl für die echte Neben- und Unterordnung, die das Leben verlangt. Und weil sie neben allem Kampfe und Streit niemals das Wesen der Frau vergaß, darum hat sie die Erfolge gehabt, die den Werdegang ihres Lebens bezeichnen."
Emma Ender, Quelle: Staatsarchiv Hamburg
In solch einem abgesteckten Rahmen, der es nicht zuließ, dass die Frau jemals eine gleichberechtigte Stellung dem Manne gegenüber einnehmen konnte, durfte die Frau für die Rechte der Frauen eintreten und galt das Wort „Emanzipation" nicht als Schimpfwort. Emma Ender wurde 1875 als fünftes Kind einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie in Frankfurt a. Main geboren. Das Elternhaus stand in Darmstadt. Als Emma 15 Jahre alt war, zog ihr Vater nach Frankfurt, wohin sie ihm zunächst allein folgte. Drei Jahre später, 1893, starb Emmas Mutter, und zwei weitere Kinder zogen nun nach zum Vater.
Emma Ender hatte in Darmstadt und Frankfurt die Staatliche Schule für höhere Töchter besucht. Aber der Vater erlaubte ihr nicht, einen Beruf zu erlernen, er wollte sie im Hause behalten.
Mit 25 Jahren heiratete Emma Ender den Hamburger Exportkaufmann Max Ender und zog 1900 mit ihm nach Hamburg. Die Ehe blieb kinderlos. Emma Ender schloss sich der Ortsgruppe Hamburg des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF) an. Ziel des ADF war es unter anderem, der bürgerlichen Frauenbewegung zu einem positiven Image in der Öffentlichkeit zu verhelfen und ihre Mitglieder in gesellschaftspolitischen Fragen fortzubilden. Außerdem war dem ADF die ehrenamtliche Wohlfahrtspflege ein wichtiges Anliegen. Durch die Betätigung auf diesem Gebiet sollten seine Mitglieder eine verantwortungsvolle Aufgabe erhalten und gleichzeitig die Not sozial schwacher Frauen gelindert werden.
Im Januar 1900 gründete der ADF den Verein Soziale Hilfsgruppen (SHG). Dieser betätigte sich u. a. in der Kinderfürsorge, Blinden- und Hauspflege und bot Arbeitsvermittlung für Heimarbeiterinnen an. Besonders die Kinder- und Jugendarbeit lag Emma Ender sehr am Herzen, was bei kinderlos verheirateten Frauen öfter zu beobachten war. Emma Ender besaß praktisches und organisatorisches Talent, und so wurde ihr 1906, als sie 31 Jahre alt war, die Leitung eines Mädchenhortes übertragen. Von 1910 bis 1919 war sie Vorsitzende des Verbandes Hamburger Mädchenhorte, von 1907 bis 1916 stellvertretende Vorsitzende des ADF. 1911 gehörte sie zu den Initiatorinnen der Jugendgruppe Hamburg des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins, die als Zweigverein der Ortsgruppe arbeitete, und wurde deren Beiratsmitglied. Die Gruppe gab Volksschülerinnen Nachhilfeunterricht, Anleitung zum Gartenbau, besaß Schneiderstuben für weibliche arbeitslose Jugendliche, eine Büchersammelstelle, eine Abteilung für Blumenspenden, die zu besonderen Anlässen Arbeiterinnenvereine, Altersheime und alleinstehende alte Frauen beschenkte. Emma Ender wollte mit der Gründung solcher Jugendgruppen, denen Frauen bis zu ihrem 30. Lebensjahr angehören sollten, Jugendliche für die Ziele und Aufgaben der bürgerlichen Frauenbewegung interessieren, sie für soziale Hilfsarbeiten gewinnen und sie, wie sie sagte, im „Vereinswesen schulen". Gleichzeitig sollten durch diese Jugendgruppen dem Mutterverein potenzielle Mitglieder zugeführt werden.
Aber damit nicht genug: Von 1912 bis 1915 war Emma Ender auch noch Vorsitzende des Vortragskartells Hamburgischer Frauenvereine, und außerdem trat sie 1912 als eine der ersten Frauen dem Hamburger Nationalliberalen Verein bei. Dieser hatte sich bisher sehr patriarchalisch benommen und sich noch 1910 geweigert, Frauen in seine Reihen aufzunehmen.
Im Ersten Weltkrieg gehörte Emma Ender zu den Gründerinnen des Frauenausschusses der Hamburgischen Kriegshilfe - ein Ableger der auf Initiative des ADF gegründeten Hamburgischen Gesellschaft für Wohltätigkeit e.V.. Das Anliegen dieses Ausschusses war es, durch soziale Arbeit an der Heimatfront seinen Beitrag für den Krieg zu leisten. So wurden Freitische, Kleidung und Arbeitsmöglichkeiten für Lehrerinnen und Bühnenkünstlerinnen organisiert. Es gab für Frauen Kurse im pflegerischen Bereich und Haushaltstipps zum sparsamen und effektiven Lebensmittelverbrauch.
Emma Ender leitete die weibliche Jugend in der Kriegsjugendpflege und die Abteilung für Kinderkrippen, Warteschulen und Horte. Ziel der Kriegsjugendpflege war es, arbeitslosen jungen Mädchen Beschäftigung zu geben, damit diese auch ihren patriotischen Beitrag für den Krieg leisten konnten. Denn Emma Ender empfand es als eine starke Benachteiligung der weiblichen Jugend, dass diese nicht für den Krieg tätig sein konnte: „Ich habe viel daran gedacht, wie hart es besonders für Töchter der unteren Schichten sein musste, bei dem Aufflammen des patriotischen Empfindens in allen Volksschichten untätig in dem Maße zu sein, wie es die Arbeitslosigkeit der ersten Monate des Krieges für sie mit sich brachte und wie stark gerade sie in dieser Zeit dadurch benachteiligt sind, dass das Mädchen der gleichen Schichten viel weniger daran gewöhnt ist, sich von dem vaterländischen Erleben erfassen zu lassen wie der junge Mann" [1].
Nach dem Krieg wurde aus dem Frauenausschuss der Hamburgischen Kriegshilfe und dem Vortragskartell der Frauenorganisationen der Stadtbund hamburgischer Frauenvereine. Ziel des Stadtbundes war es, alle Frauenvereine Hamburgs zusammenzuschließen, „denen die Förderung der Frauen in geistiger und körperlicher, in wirtschaftlicher und rechtlicher, sozialer und politischer Hinsicht obliegt" [1]. 1916 forderten die Mitglieder des Stadtbundes einstimmig, „dass in der bevorstehenden Zivildienstpflicht die Frau in gleicher Weise wie der Mann zur Arbeit für den Staat zu verpflichten" [1] sei. Emma Ender war im Stadtbund tonangebend, ihre geistige Einstellung war - wie Helmut Stubbe-da Luz formulierte - geprägt von einem „nationalen Liberalismus zwischen Hurrapatriotismus und verbandsegozentrischer, ungeduldig fordernder Frauenpolitik" [1]. ). Emma Ender war von 1915-1933 Vorsitzende des Stadtbundes, der sich 1933 nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten auf eigenen Beschluss selbst auflöste. (Staatsarchiv Hamburg, 221-11 C (I) 2737).
Als der Kaiser in seiner Osterbotschaft vom 7. April 1917 eine gewisse Liberalisierung des politischen Systems ankündigte und der Hamburger Senat im Begriff war, das Wahlrecht zu demokratisieren, sah der Stadtbund die Gelegenheit gekommen, für die Frauen das Bürgerrecht zu fordern, so Stubbe-da Luz. Emma Ender überreichte am 2. November 1918 Bürgermeister von Melle eine diesbezügliche Petition mit rund 18.600 Unterschriften. Eine Antwort erhielten die Frauen nicht - aber, kurze Zeit später, am 12.11.1918 verkündete der revolutionäre Rat der Volksbeauftragten in Berlin das allgemeine und gleiche Wahlrecht.
Ein Schritt zur Gleichberechtigung war getan, aber es war nicht selbstverständlich, dass nun alle Frauen ihr Recht wahrnahmen und zum Wählen gingen. Emma Ender erkannte, dass viele Frauen zuerst einmal motiviert werden mussten, ihr neues Recht auch in Anspruch zu nehmen. Aus diesen Überlegungen heraus gründete sie den Wahlwerbeausschuss des Stadtbundes. Gleichzeitig war es ihr ein Anliegen, diejenigen Frauen politisch zu schulen, denen sofort, nachdem die Frauen das Wahlrecht erhalten hatten, Parteiämter übertragen worden waren. Denn nach Meinung Emma Enders waren viele dieser Frauen zu oberflächlich politisiert worden und entbehrten der „Vorschule der Frauenbewegung" Emma Ender betätigte sich jetzt auch parteipolitisch. Von März 1919 bis 1924 war sie für die DVP Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft und stand oft am Redepult.
Nach dem Krieg protestierte Emma Ender scharf gegen die Verdrängung von Frauen aus dem Arbeitsbereich Wohlfahrtspflege, in den Frauen während des Krieges wegen des Männermangels verstärkten Zugang gefunden hatten. Auch wehrte sie sich vehement gegen die Entlassung so genannter Doppelverdienerinnen.
Angesichts der großen Not weiter Bevölkerungskreise infolge der Inflation setzte sich Emma Ender als Vorsitzende des Stadtbundes für den Zusammenschluss der Frauenverbände in dem sozialen Hilfswerk Hamburgische Frauenhilfe 1923 ein.
Nachdem Emma Ender 1924 aus der Bürgerschaft ausgeschieden war, wurde sie Vorsitzende des BDF (Bund Deutscher Frauen). Helmut Stubbe-da Luz schreibt dazu: „Emma Enders Wahl entsprach einem Trend nach rechts im BDF, der 1920 mit dem Beitritt des mitgliederstarken Reichsverbandes landwirtschaftlicher Hausfrauenvereine begonnen hatte; freilich besaßen im neunköpfigen Vorstand weiterhin die linksliberalen ‚Demokratinnen' die Mehrheit und Gertrud Bäumer, die als stellvertretende Vorsitzende fungierte, übte nach wie vor eine Art inoffizieller Richtlinienkompetenz aus" [1]. 1931 wurde Agnes Zahn-Harnack im BDF die Nachfolgerin der 56jährigen Emma Ender.
Von 1920 bis 1927 war Emma Ender außerdem noch Vorsitzende des Verbandes Norddeutscher Frauenvereine. Dieser Verein gab die wöchentlich erscheinende Zeitschrift „Frau und Gegenwart" heraus, die später mit der Illustrieren „Neue Frauenkleidung und Frauenkultur" zusammengelegt wurde.
In ihrem Entnazifizierungsverfahren gab sie an, dass sie 1932 die Vorsitzende der „ Frauenfront 1932“ gewesen war. Dazu erläuterte sie, dass sie die Frauenfront als Kampforganisation gegen den Nationalsozialismus gegründet habe zur Verteidigung der Frauenrechte und gegen jede Gewaltanwendung bei weltanschaulichen und politischen Auseinandersetzungen. (Staatsarchiv Hamburg, 221-11_ C (I) 2737)
Im Mai 1933 bekam Emma Ender als Stadtbundvorsitzende eine Staatskommissarin vorgesetzt. Am 15. Mai löste sich der BDF und am 20. Juli der Stadtbund auf - teils, wie Stubba-da Luz schreibt, „aus Resignation, teils auch aus Gutgläubigkeit". Als Gegnerin des Nationalsozialismus zog Emma Ender sich 1933 aus dem öffentlichen Leben zurück. Sie half jedoch, soweit es ihr möglich war, ihren jüdischen Freundinnen und Freunden. 1940 starb ihr Mann. Emma Ender wurde Mitinhaberin der Firma ihres Mannes.
Nach dem Krieg - nun schon siebzigjährig - fühlte sie sich nicht mehr stark genug, um beim Aufbau der Frauenbewegung mitzuarbeiten.
1920 hatte Emma Ender in einem Zeitungsartikel über ihre Einstellung zum Leben geschrieben: „Meine Einstellung zum Leben wurde wesentlich beeinflusst, so scheint es mir wenigstens heute, durch den Glauben, ich sei ein Sonntagskind. Irgendjemand, der in meiner Kindheit Autorität hatte, hat es mir gesagt, vielleicht war es nur sinnbildlich gemeint, ich glaubte es jedenfalls als Tatsache. Als ich dann nach mehr als drei Jahrzehnten meines Lebens durch einen Zufall erfuhr, dass ich an einem Montag geboren bin, war es mir eine richtige Enttäuschung, aber ich ließ mich nun nicht mehr beirren und registrierte weiter in dem Geist des wirklichen Sonntagskindes. Wie unendlich oft habe ich in naivem Kinderglauben kleine gute Erlebnisse auf mein Sonntagskindglück bezogen und mich auf seinen Schutz verlassen. Und alle Güte, die mir im Leben von Menschen widerfahren ist, habe ich als etwas Besonderes, Unverdientes, dem Sonntagskind Zufallendes genossen."
Emma Ender wurde fast vergessen. Über ihre Beerdigung schrieb das „Hamburger Echo" vom 2.3.1954: „Ein kleiner Kreis von Freunden und früheren Mitarbeitern nahm am Montag in der Halle B des Ohlsdorfer Friedhofes Abschied von Emma Ender.(...) Ihr Lebensabend in Rahlstedt war einsam."
Text: Rita Bake
Alle Zitate und Wesentliches aus:
1 Helmut Stubbe-da Luz: Die Stadtmütter Ida Dehmel, Emma Ender, Margarete Treuge. Hamburgische Lebensbilder in Darstellungen und Selbstzeugnissen. Hrsg. v. Verein f. Hamburg. Geschichte Bd.7. Hamburg 1994.
 

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