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  • Motivgruppe / Kategorie:  Medizin

Theodor Heynemann

(20. August 1878 Lemgo - 15. Dezember 1951 Hamburg)
Arzt (Gynäkologe), Universitätsprofessor
Rothenbaumchaussee 26 (Wohnadresse 1940 und auch später noch nach 1945)
Heynemannstraße (Langenhorn, 1960 benannt)

Im September 2020 berief die Behörde für Kultur und Medien eine Kommission aus acht Expertinnen und Experten, die Entscheidungskriterien für den Umgang mit NS-belasteten Straßennamen in Hamburg entwickeln und Empfehlungen zu möglichen Umbenennungen aussprechen sollte.

Zur Heynemannstraße gab die Kommission im März 2022 die Empfehlung: Umbenennung mit folgender Begründung: „Heynemann war als Leiter der Frauenklinik für die Durchführung von Zwangssterilisationen verantwortlich und hat bewusst die dauerhafte Schädigung von Menschen herbeigeführt. Er war bereits vor 1933 aktiver Vertreter der Eugenik, sprach sich für Zwangssterilisationen aus und versuchte diese in die universitäre Lehre zu integrieren. In exponierter Stellung setzte er sich aktiv für die Umsetzung nationalsozialistischen Gedankenguts im medizinischen Bereich ein. Da durch die Zwangssterilisationen Menschen bis zu ihrem Lebensende durch den Eingriff geschädigt worden sind, ist eine Umbenennung geboten.“ (Abschlussbericht der Kommission zum Umgang mit NS-belasteten Straßennamen in Hamburg, Feb. 2022, www.hamburg.de/contentblob/15965308/8ee2e6d28dbd23e8df84bf75ceabda98/data/empfehlungen-kommission-ns-belastete-strassennamen.pdf)

 

Theodor Heynemann wurde 1878 in Lemgo als erstes von vier Kindern eines Apothekers und einer Kaufmannstochter geboren.[1] Von 1888 bis 1897 besuchte er das Gymnasium in Lemgo, von 1897 bis 1903 studierte er Medizin an den Universitäten in Würzburg, München und Kiel. Als Student war er Mitglied in der Burschenschaft Corps Nassovia zu Würzburg, der er laut seiner Biographin Christina Quellmann bis an sein Lebensende verbunden blieb. 1903 beendete er das Studium mit dem Staatsexamen und der Approbation als Arzt. Nach einem kurzen freiwilligen Militärdienst zog er im selben Jahr nach Hamburg, wo er für vier Jahre zunächst als Volontär-, dann als Assistenzarzt am Allgemeinen Krankenhaus (AK) St. Georg arbeitete. Als nächste berufliche Station wirkte er zwischen 1907 und 1914 in Halle, wo er sich zunächst als Assistenzarzt zum Gynäkologen weiterbildete und seit 1910 als Oberarzt tätig war. In diesen Jahren forschte er zur Röntgenstrahlung und Radiumtherapie und veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Publikationen. Im Oktober 1910 habilitierte er sich mit einer Arbeit zur Bakteriologie, im Dezember 1913 wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt. Im Ersten Weltkrieg wurde er bereits im August 1914 zum Militär eingezogen und war als Stabsarzt der Reserve an der „Ostfront“ tätig. Im Sommer 1917 wurde er nach Halle zurückgerufen, um bis Ende 1918 die Leitung der Klinik zu vertreten.[2]

Bereits im Juni 1914 war Heynemann vom AK Barmbek zum gynäkologischen Oberarzt ernannt worden, kehrte jedoch aufgrund des Krieges erst im Februar 1919 endgültig nach Hamburg zurück. Nachdem er im Mai 1919 von der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg zum ordentlichen Professor für Geburtshilfe und Gynäkologie ernannt worden war, wechselte er im Juni an die Frauenklinik Eppendorf, als deren Leiter er bis 1950 fungierte. 1922 wurde er zum planmäßigen ordentlichen Professor berufen und als Beamter vereidigt. Nebenbei führte er eine eigene Praxis in seiner Privatwohnung.[3] 1926/27 amtierte er kurzzeitig als Dekan der Medizinischen Fakultät.[4] Seit Ende der 1920er Jahre setzte sich Heynemann für den Ausbau der Frauenklinik ein und protestierte u.a. gegen die räumlichen und personellen Zustände – Bemühungen, die seit 1931 auch zu Verbesserungen führten.[5]

Heynemann war Mitglied in mehreren Vereinigungen wie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGG), der Nordwestdeutschen Gesellschaft für Gynäkologie, dem Ärztlichen Verein und der Hamburger Geburtshilflichen Gesellschaft.[6]

Politisch war Heynemann seit ca. 1910 Mitglied der Nationalliberalen Partei und dann von 1918 bis 1933 Mitglied der Deutschen Volkspartei (DVP).[7] Quellmann zufolge war er ein bekennender „Bismarckianer“. Als „typischer Vertreter“ der Professorenschaft verstand er sich selbst als „unpolitisch“ und „national denkend“ und stand der Republik kritisch gegenüber.[8] Im Gefolge der Novemberrevolution führte dies 1919 zu Konflikten Heynemanns mit kommunistischen Krankenhausräten am AK Barmbek.[9] Als im Mai/Juni 1932 eine Ausstellung „Gesunde Frau – Gesundes Volk“ des Zentralinstituts für Volksgesundheitspflege am Deutschen Hygiene-Museum auch in Hamburg gezeigt wurde, organisierte Heynemann ärztliche Führungen seiner Mitarbeiter durch die Ausstellung. In der Ausstellung waren u.a. auf völkische Eugenik zielende Aufforderungen wie „Wähle als Deutsche nur einen Gatten gleichen oder artverwandten Blutes“ oder „Bei der Wahl Deines Gatten frage nach seinen Vorfahren“ zu lesen.[10]

Theodor Heynemann trat 1933 nicht, wie andere DVP-Mitglieder, der NSDAP bei. Mitglied wurde er im November 1933 aber im NS-Lehrerbund, und im selben Monat unterzeichnete er das „Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat“.[11] Seit April 1934 war er zudem Förderndes Mitglied der SS und seit 1935 in der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV), für die er mindestens zwischen 1936 und 1938 als „Vertrauensarzt“ fungierte. 1935/36 war er Mitglied im Reichskolonialbund.[12]

Die Durchdringung der wissenschaftlichen und medizinischen Institutionen mit nationalsozialistischem Gedankengut schlug sich auch in der von ihm geleiteten Frauenklinik nieder. So gab es dort zwischen 1935 und 1937 wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaften zu Themen wie „Probleme der Rassenhygiene“ oder „Erbfragen in Geburtshilfe und Gynäkologie“, die Heynemann laut Quellmann „toleriert haben [muss], auch wenn er sich nicht aktiv daran beteiligte“.[13] Am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) bekleidete er vom Juni 1934 bis April 1936 den Posten als stellvertretender ärztlicher Leiter.[14]

Nachdem zum 1. Januar 1934 das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ in Kraft getreten war, wurden in Hamburg rund 22.000 rassenhygienisch begründete Zwangssterilisationen von als „erbkrank“ stigmatisierten Personen, darunter rund 9.700 Frauen, durchgeführt.[15] Quellmann schätzt die Zahl der an der UKE-Frauenklinik Heynemanns durchgeführten Zwangssterilisationen auf rund 2.000.[16] Dies geschah ohne Anzeichen von Widerspruch oder Verweigerung. Heynemann hatte sich bereits seit 1931 in Beiträgen und Briefen positiv auf die eugenische Sterilisation als Form notwendiger Prophylaxe „bei bestimmten Geisteskrankheiten und gewissen verbrecherischen Anlagen“ bezogen.[17] Für die ersten Jahre der NS-Herrschaft sind keine Äußerungen von ihm zum Thema überliefert. Im September 1936 beschwerte er sich bei der Unterrichtsbehörde über den Rückgang an Zuweisungen eugenischer Sterilisationen und pochte darauf, dass diese „unbedingt in den akademischen Unterricht“ gehörten.[18] Zwangssterilisationen inklusive einer Vorführung der zu sterilisierenden Personen vor den Studierenden waren demnach Teil der Lehre. Ein halbes Jahr nach seinem Protestbrief konnte Heynemann beruhigt feststellen, dass sich der „Zugang an eugenischen Sterilisierungen inzwischen gebessert habe“.[19] Für Quellmann entsprach Heynemanns Position der Haltung der Mehrzahl der Mediziner, die Zwangssterilisationen zur medizinischen „Alltagsroutine“ zählten. Eine „besondere Rigororisität“ des Klinikleiters kann sie nicht erkennen.[20] Bei den chirurgischen Eingriffen wie der sogenannten Tubenquetschung, mit der Frauen sterilisiert wurden, starben laut Schätzungen Gisela Bocks reichsweit rund 5.000 Betroffene (90 Prozent davon waren Frauen).[21]

Am 18. Oktober 1937 beantragte Heynemann die Aufnahme in die NSDAP, aufgenommen wurde er zum 1. Mai 1937.[22] Laut eigenen Angaben in der Entnazifizierung folgte er damit „repeated oral requisitions and two written invitations on the part of the chancellery of the Reichsstatthalter“.[23] Gemeint sein könnte damit das Schreiben des Präsidenten der Kultur- und Schulbehörde Karl Witt, der sich nach Lockerung der Aufnahmesperre im Mai 1937 mit einem Schreiben an alle Mitarbeiter der Behörde wandte und um die Mitteilung von Beitrittsgesuchen bat. Heynemann meldete sich daraufhin und erklärte, bereit zu sein, „die Pflichten eines Parteigenossen auf mich zu nehmen“.[24]

Im Zweiten Weltkrieg blieb Heynemann als Leiter der Frauenklinik im Dienst.[25] Spätestens 1941 amtierte er als Vorstandsmitglied der DGG, die 1933 vom NS-Regime „gleichgeschaltet“ worden war.[26] Sein Einkommen erfuhr im Laufe des Krieges eine enorme Steigerung. Lag es 1933-1939 noch zwischen 17.500 und 30.000 RM jährlich, stieg es auf knapp 40.000 RM (1941), 61.000 (1942) und schließlich knapp 82.000 RM (1943/44).[27]

Die Militärregierung sah im September 1945 keinen Anlass, gegen Heynemann vorzugehen.[28] Er war weiterhin als Arzt, Professor und Leiter der Frauenklinik tätig. Nachträglich wurde er 1950 in die Kategorie V eingestuft.[29] Gegen Ende der 1940er Jahre gehörte er einer Kommission zum Wiederaufbau des UKE an.[30] Seine für 1947 vorgesehene Emeritierung wurde mangels Nachfolger und auf Antrag Heynemanns verschoben, er ging erst 1950 in den Ruhestand.[31] In dieser Zeit wurde er von der Nordwestdeutschen Gesellschaft für Gynäkologie (1948), der Hamburger Geburtshilflichen Gesellschaft (1948) sowie der DGG (1951) zum Ehrenmitglied ernannt.[32]

Im Dezember 1951 starb Heynemann. Das Hamburger Abendblatt würdigte ihn in einem Nachruf als „Idealgestalt eines Klinikdirektors“, der „mit ungewöhnlich erzieherischer Begabung ausgezeichnete Lehrer herangebildet“ habe.[33] Auf Vorschlag der Hamburger Ärztekammer wurde 1960 eine Straße in Langenhorn nach ihm benannt. Feierlich eingeweiht wurde die Heynemannstraße von früheren Schülern des Gynäkologen.[34] Im Juni 1967 wurde eine Büste Heynemanns im Hörsaal der Universitätsfrauenklinik Eppendorf aufgestellt.[35]

Um 1980 wurden die im „Dritten Reich“ durchgeführten Zwangssterilisationen zunehmend als Unrecht skandalisiert und auch historisch aufgearbeitet. Erst in diesem Jahr erkannte der Bundestag die Betroffenen als NS-Verfolgte an und bewilligte einmalige Entschädigungen in Höhe von jeweils 5.000 DM.[36] 1998 kam es zu einer Diskussion um eine mögliche Umbenennung der Heynemannstraße .[37] 2016 thematisierte der Autor und Regisseur Michael Batz die Person Heynemann in einem Stück über das Haus Rothenbaumchaussee 26 und dessen Bewohner/innen, in dem er darauf aufmerksam machte, dass Heynemann von einer „Wohnraum-Arisierung“ profitiert hatte. Als „glühender Anhänger des Rassenprogramms der Nazis“ wurde er in diesem Zusammenhang im Hamburger Abendblatt charakterisiert.[38]

Text: David Templin

Quellen:
1 Bei der folgenden biographischen Skizze handelt es sich um die leicht überarbeitete Fassung einer Kurzbiographie, die 2017 im Rahmen eines wissenschaftlichen Gutachtens für das Staatsarchiv Hamburg (StAHH) erstellt wurde. Das vollständige Gutachten ist einsehbar unter: www.hamburg.de/contentblob/13462796/1d4b36cbfb9adc7fca682e5662f5854d/data/abschlussbericht-ns-belastete-strassennamen.pdf (zuletzt aufgerufen am 14.4.2020).
2 Christina Quellmann: Theodor Friedrich Ernst Heynemann (1878 – 1951). Ein Leben für die Universitäts-Frauenklinik Eppendorf (Hamburger Studien zur Geschichte der Medizin, 4), Münster 2002, S. 8-24. Vgl. auch die Kurzbiographie von Christine Pieper: Heynemann, Theodor, in: Franklin Kopitzsch/Dirk Brietzke (Hg.): Hamburgische Biografie. Personenlexikon, Band 3, Göttingen 2006, S. 166.
3 Quellmann, Theodor Friedrich Ernst Heynemann, S. 24-41.
4 Hartmut Biester: Leitende Persönlichkeiten der Vergangenheit, in: Ursula Weisser (Hg.): 100 Jahre Universitäts-Krankenhaus Eppendorf 1889-1989, Tübingen 1989, S. 567-578, hier S. 577; Quellmann, Theodor Friedrich Ernst Heynemann, S. 33.
5 Ebd., S. 42-53. Vgl. auch Bernd Hüneke: Frauenklinik. Von der Entbindungsanstalt zum perinatologisch-onkologischen Zentrum, in: Ursula Weisser (Hg.): 100 Jahre Universitäts-Krankenhaus Eppendorf 1889-1989, Tübingen 1989, S. 249-256.
6 Christine Pieper: Die Sozialstruktur der Chefärzte des Allgemeinen Krankenhauses Hamburg-Barmbek 1913 bis 1945. Ein Beitrag zur kollektivbiographischen Forschung (Veröffentlichungen des Hamburger Arbeitskreises für Regionalgeschichte, 16), Münster/Hamburg/London 2003, S. 208f.
7 Fragebogen zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933, ausgefüllt von Theodor Heynemann, in: StAHH, 361-6, IV 1379; Quellmann, Theodor Friedrich Ernst Heynemann, S. 29.
8 Ebd., S. 76.
9 Ebd., S. 29.
10 Ebd., S. 99f. Vgl. StAHH, 352-3, II N 1 Nr. 287, wobei Heynemanns Name in dieser Akte zur Ausstellung nicht auftaucht.
11 Pieper, Die Sozialstruktur der Chefärzte, S. 209; Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat, überreicht vom Nationalsozialistischen Lehrer-Bund Gau Sachsen, Dresden 1934, S. 129.
12 Fragebogen zum Zwecke der Vervollständigung der Personalakte, 28.2.1938, in: StAHH, 361-6, IV 1379; Fragebogen Military Government of Germany, ausgefüllt von Theodor Heynemann, 19.6.1945, in: StAHH, 221-11, Ed 3835.
13 Quellmann, Theodor Friedrich Ernst Heynemann, S. 64.
14 Ebd., S. 78.
15 Ebd., S. 104. Zu Zwangssterilisationen (in Hamburg) vgl. auch Christiane Rothmaler: Sterilisationen nach dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 1933. Eine Untersuchung zur Tätigkeit des Erbgesundheitsgerichtes und zur Durchführung des Gesetzes in Hamburg in der Zeit zwischen 1934 und 1944, Husum 1991; Hendrik van den Bussche (Hg.): Medizinische Wissenschaft im „Dritten Reich“. Kontinuität, Anpassung und Opposition an der Hamburger Medizinischen Fakultät (Hamburger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte, 5), Hamburg/Berlin 1989, S. 282-288; Gisela Bock: Zwangssterilisation im Nationalsozialismus. Studien zur Rassenpolitik und Frauenpolitik (Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, 48), Opladen 1986; Friedemann Pfäfflin: Zwangssterilisation in Hamburg. Ein Überblick, in: Angelika Ebbinghaus/Heidrun Kaupen-Haas/Karl Heinz Roth (Hg.): Heilen und Vernichten im Mustergau Hamburg. Bevölkerungs- und Gesundheitspolitik im Dritten Reich, Hamburg 1984, S. 26-29.
16 Quellmann, Theodor Friedrich Ernst Heynemann, S. 104f.
17 Zitiert bei ebd., S. 107.
18 Prof. Dr. Heynemann (Universitäts-Frauenklinik) an Unterrichtsbehörde, Abteilung Hochschulwesen, 30.9.1936, in: StAHH, 361-5 II, Ae 23. Vgl. Hendrik van den Bussche/Friedemann Pfäfflin/Christoph Mai: Die Medizinische Fakultät und das Universitätskrankenhaus Eppendorf, in: Eckart Krause/Ludwig Huber/Holger Fischer (Hg.): Hochschulalltag im „Dritten Reich“. Die Hamburger Universität 1933-1945. Teil III: Mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät, Medizinische Fakultät, Ausblick, Anhang (Hamburger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte, 3/III), Berlin/Hamburg 1991, S. 1259-1384, hier S. 1329.
19 Zitiert bei Quellmann, Theodor Friedrich Ernst Heynemann, S. 110.
20 Ebd.
21 Stefanie Westermann: Verschwiegenes Leid. Der Umgang mit den NS-Zwangssterilisationen in der Bundesrepublik Deutschland, Köln/Weimar/Wien 2010, S. 50; Bock, Zwangssterilisation, S. 380.
22 BArch, R 9361-VII / IX KARTEI, Karteikarte „Heynemann, Theodor“; Prof. Dr. Heynemann (Universitäts-Frauenklinik und Poliklinik) an Staatsverwaltung der Hansestadt Hamburg, Hochschulwesen, 24.8.1939, in: StAHH, 361-6, IV 1379. In seiner Entnazifizierung gab Heynemann dagegen einen Beitritt zum 15.3.1938 an; vgl. Fragebogen Military Government of Germany, ausgefüllt von Theodor Heynemann, 19.6.1945, in: StAHH, 221-11, Ed 3835.
23 Fragebogen Military Government of Germany, ausgefüllt von Theodor Heynemann, 1.3.1946, in: StAHH, 221-11, Ed 3835.
24 Karl Witt (Präsident der Kultur- und Schulbehörde) an die Beamten, Angestellten und Arbeiter der Kultur- und Schulbehörde, 8.5.1937, in: StAHH, 361-5 II, Pa 4; Liste der das Hochschulwesen betreffenden Anträge auf Aufnahme in die NSDAP, in: ebd.
25 Quellmann, Theodor Friedrich Ernst Heynemann, S. 115-121.
26 Ebd., S. 139f. Außerdem war er 1938 erneut (nach 1925/26) Vorsitzender der Nordwestdeutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe; vgl. 75 Jahre Nordwestdeutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe 1909 bis 1984, Hamburg 1984, S. 44.
27 Fragebogen Military Government of Germany, ausgefüllt von Theodor Heynemann, 1.3.1946, in: StAHH, 221-11, Ed 3835.
28 Senator Landahl (Schulverwaltung, Hochschulabteilung), an Professor Dr. Heynemann, 20.8.1945, in: StAHH, 361-6, IV 402; Fragebogen Action Sheet betr. Prof. Dr. med. Theodor Heynemann, 11.3./17.4.1946, in: StAHH, 221-11, Ed 3835.
29 Vermerk Sekretariat des Staatskommissars, Sonderausschuß, 13.3.1950, in: StAHH, 221-11, Ed 3835.
30 Quellmann, Theodor Friedrich Ernst Heynemann, S. 124.
31 Schulbehörde, Hochschulabteilung, an Dekan der Medizinischen Fakultät über den Rektor der Universität Hamburg, 7.4.1948, in: StAHH, 361-6, IV 402; Quellmann, Theodor Friedrich Ernst Heynemann, S. 128-133.
32 Ebd., S. 141f.; Pieper, Heynemann, S. 166.
33 Abschied von einem großen Arzt, in: Hamburger Abendblatt, 21.12.1951, S. 3.
34 Mediziner wurde durch Straßennamen geehrt, in: Hamburger Abendblatt, 16.3.1960; Bedeutender Arzt geehrt, in: Hamburger Abendblatt, 15.11.1960, S. 3; Vgl. StAHH, 731-8, A 758 Heynemann, Theodor; Quellmann, Theodor Friedrich Ernst Heynemann, S. 137.
35 Ehrung für große Ärzte, in: Hamburger Abendblatt, 13.6.1967, S. 4.
36 Vgl. Henning Tümmers: Anerkennungskämpfe. Die Nachgeschichte der nationalsozialistischen Zwangssterilisationen in der Bundesrepublik (Beiträge zur Geschichte des 20. Jahrhunderts, Band 11), Göttingen 2011.
37 Quellmann, Theodor Friedrich Ernst Heynemann, S. 137; Neue Namen gesucht, in: Hamburger Wochenblatt, Ausgabe Langenhorn, 28.4.2015.
38 Das Geheimnis der Nr. 26, in: Hamburger Abendblatt, 27.1.2016, S. 14. Vgl. Hannes Stepputat: Die Straßen der NS-Ärzte, in: taz Nord, 24.1.2018.
 

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NS-Dabeigewesene

Aufsätze

Erklärung zur Datenbank

Stand Januar 2024: 914 Kurzprofile und 332 sonstige Einträge.

Diese Datenbank ist ein Projekt in Fortsetzung (work in progress). Eine Vollständigkeit ist niemals zu erreichen. Sie startete online im Februar 2016 mit rund 520 Profilen und mehr als 200 weiteren Einträgen und wird laufend ergänzt und erweitert werden. Wissenschaftliche Institute, Gedenkstätten, Universitäten und zum Thema forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können gern ihre erarbeiteten Profile in diese Datenbank stellen lassen.

Quellenangaben, die sich auf Webseiten beziehen, sind die zum Zeitpunkt der Recherche gefundenen. Sollten Sie veraltete Links oder Aktualisierungen bzw. Verschiebungen der Inhalte feststellen, freuen wir uns über Hinweise.

Vor etlichen Jahren hat die Landesszentrale für politische Bildung Hamburg die Stolperstein-Datenbank www.stolpersteine-hamburg.de ermöglicht und gibt seit rund zehn Jahren gemeinsam mit dem Institut für die Geschichte der Deutschen Juden unter der Projektleitung von Dr. Beate Meyer und Dr. Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung die Publikationsreihe „Stolpersteine in Hamburg, biografische Spurensuche“ heraus. Mit dieser Datenbank „Die Dabeigewesenen“ möchte die Landeszentrale für politische Bildung nun den Blick auf diejenigen lenken, die das NS-System stützten und mitmachten. Denn:

Eine Gesellschaft, die sich eine offene und freie Zukunft wünscht,
muss [...] über eine Kultur verfügen, die nicht auf dem Verdrängen
und Vergessen der Vergangenheit beruht.“ (Mario Erdheim Psychoanalytiker) 1)

Diese aktuell immer noch so wichtige Aussage bildet den inhaltlichen Ausgangspunkt dieser Datenbank. Sie enthält eine Sammlung mit Kurzprofilen über Menschen, die auf unterschiedlichste Weise an den NS-Gewaltverbrechen in Hamburg Anteil hatten, z.B. als Karrierist/innen, Profiteur/innen, Befehlsempfänger/innen, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Täter/innen. Aber auch sogenannte Verstrickte, die z. B. nach durchlittener Gestapo-Folter zum Spitzel wurden. Unter all diesen Dabeigewesenen gab es auch Menschen, die in keiner NS-Organisation Mitglied waren, die aber staatliche Aufträge - zum Beispiel als Künstler oder Architekt - annahmen und so von dem NS-System profitierten, im Gegensatz zu denen, die sich diesem System nicht andienten, deshalb in die Emigration gingen oder in Kauf nahmen, keine Karriere mehr zu machen bzw. kaum noch finanzielle Einnahmen zu haben.

Ebenso wurden solche Personen aufgenommen, die zum Beispiel vor und während der NS-Zeit den Idealen des Heimatschutzes und der Technik-Kritik anhingen und das NS-Regime dadurch unterstützten, indem sie staatliche Aufträge annahmen, die diesen Idealen entsprachen, da das NS-System solche Strömungen für seine Ideologie vereinnahmte.

Für die Datenbank „Die Dabeigewesenen“ wurden alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie Medizin, Justiz, Bildung und Forschung, Verwaltung, Kirche, Fürsorge und Wohlfahrt, Literatur, Theater und Kunst, Wirtschaft, Sport, Polizei und parteipolitische Organisationen berücksichtigt.

„denn wir können (…) das ganze Phänomen des Mitmachens und des Ermöglichens, das ja in der NS-Zeit eine genauso große Rolle gespielt hat, wie die Bereitschaft, selbst aktiver Täter vor Ort zu sein - das alles können wir nur verstehen, wenn wir die verschiedenen Facetten der Täterschaft noch viel genauer betrachten, als das bisher geschehen ist." 2)

In vielen Profilen wird der weitverbreitete Enthusiasmus vieler Deutscher für den Nationalsozialismus, gegenüber „seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik, seine Architektur, seine Weltanschauung" 3) etc. deutlich. Und es zeigt sich, dass Menschen das NS-System stützten, indem sie z. B., ohne darüber nachzudenken und ohne zu hinterfragen, bereitwillig moralische und soziale Normen des NS-Staats übernahmen.

Mit Schaffung der „Ausgrenzungsgesellschaft“ war es für die „Mehrheitsgesellschaft“ möglich, u. a. NS-Rassentheorien praktisch umzusetzen.

Diese Erkenntnis ist angesichts heutiger aktueller gesellschafts-politischer Entwicklungen von Bedeutung. In einem Interview zum Thema Fremdenfeindlichkeit bemerkte der Antisemitismusforscher Prof. Dr. Wolfgang Benz auf die Frage, ob aus der Geschichte zu lernen sei. „Wir könnten schon. Wir könnten zum Beispiel lernen, dass der Fremde nicht schuld ist an dem Hass, der ihm widerfährt. Es scheint tatsächlich schwierig zu vermitteln zu sein, dass das Opfer nicht dafür verantwortlich ist, dass es totgeschlagen oder misshandelt wird. Juden werden nicht verfolgt, weil an ihnen etwas ist, was sie zu Opfern macht, sondern weil die Mehrheitsgesellschaft Opfer braucht, und zwar zur eigenen Identitätsstiftung. Zuwanderer, Fremde, Andersgläubige werden ausgegrenzt. Das stärkt das Selbstgefühl der Mehrheit.“ 4)

Mit der Datenbank soll eine Hamburg Topographie der „Dabeigewesenen“ entstehen, um somit konkrete Orte des NS-Geschehens sichtbar zu machen. Deshalb werden auch nur diejenigen Dabeigewesenen aufgenommen, die zwischen 1933 und 1945 in Hamburg mit seinen Grenzen nach 1937 gelebt/gearbeitet haben. Neben Personenprofilen sind auch Adressen von NSDAP-Organisationen und -Einrichtungen zu finden. Darüber hinaus gibt es für einzelne Stadtteile Einträge, die die NS-Aktivitäten im Stadtteil beschreiben. In der Datenbank kann nach Namen, Straßen, Bezirken und Stadtteilen gesucht werden, damit also auch nach den Wohnadressen und/oder Adressen der Arbeitsstätten (soweit recherchierbar). Durch Hinzuziehen der Stolpersteindatenbank (hier sind die Adressen der NS-Opfer aufgenommen, für die bisher Stolpersteine verlegt wurden) und der virtuellen Hamburg-Stadt-Karte (sie verzeichnet die Zwangsarbeiterlager und Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben) wird eindringlich deutlich, wie dicht benachbart Opfer und Dabeigewesene in Hamburg gelebt und gewirkt haben. Mit diesen Informationen ist es immer schwerer, die altbekannte Entschuldigung aufrecht zu erhalten; wir haben doch nichts davon gewusst.

In den vorgestellten Profilen liegt der Fokus auf Handlungen und Einstellungen zum NS-Regime. Privates wird nur erwähnt, wenn es für die Haltung zum NS-Regime von Relevanz ist. Recherchegrundlage für diese Datenbank waren bereits vorhandene wissenschaftliche Veröffentlichungen (z. B. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und dem Institut für Zeitgeschichte), Biographien, Sammelbände und Dissertationen zu Hamburg im Nationalsozialismus, aber auch in diversen Fällen Entnazifizierungsakten und andere Akten und Dokumente, die im Staatsarchiv Hamburg zur Verfügung stehen. Für die Adressenrecherchen wurden die digitalisierten Hamburger Adressbücher von 1933 bis 1943 der Staats- und Universitätsbibliothek genutzt. Trotz größter Sorgfalt beim Zusammentragen der Daten, ist es dennoch möglich, dass Schreibweisen von Namen variieren und Lebensdaten fehlerhaft sind. In den Profilen und den Beschreibungen der Funktionen sowie des „Wirkens“ des Dabeigewesenen konnte nicht komplett auf das NS-Vokabular – der Sprache der Täter – verzichtet werden, dennoch wurde versucht, diesen Anteil gering zu halten und neutralere Umschreibungen zu finden.
Die meisten der aufgeführten Personen wurden schnell nach Kriegsende durch die Entnazifizierungsstellen als entlastet eingestuft, sie mussten sich selten vor Gericht verantworten oder sie wurden aufgrund von Verjährung ihrer Taten nicht juristisch verurteilt. So stellt Can Bozyakali in seiner Dissertation z. B. zum Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht fest, dass auch in Hamburg bis Anfang der 1950er Jahre 63% aller Justizjuristen, die am Sondergericht tätig gewesen waren, wieder in den Justiz-Dienst eingestellt wurden. „[…] anhand dieser Werte [kann] von einer ‚Renazifizierung‘ gesprochen werden.“ 5)

Dr. Rita Bake, Dr. Brigitta Huhnke, Katharina Tenti (Stand: Anfang 2016)

1) Mario Erdheim: „I hab manchmal furchtbare Träume … Man vergißts Gott sei Dank immer glei...“ (Herr Karl), in: Meinrad Ziegler, Waltraut Kannonier-Finster: Österreichisches Gedächtnis. Über Erinnern und Vergessen der NS-Vergangenheit. Wien 1993.
2) Wolfram Wette: Deutschlandfunk-Interview am 20.11.2014, anlässlich seines neuen Buches: „Ehre, wem Ehre gebührt. Täter, Widerständler und Retter - 1933-1945“, Bremen 2015.
3) Raphael Gross: Anständig geblieben. Frankfurt a. M.  2010, S. 17.
4) Wolfgang Benz: „Ich bin schon froh, wenn es nicht schlimmer wird". Der Historiker Wolfgang Benz über die lange Geschichte der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland – und was neu ist an den Pegida-Märschen. Interview: Markus Flohr und Gunter Hofmann, in ZEIT online vom 21. Dezember 2015. www.zeit.de/zeit-geschichte/2015/04/wolfgang-benz-pegida-antisemitismus-fremdenfeindlichkeit
5) Can Bozyakali: Das Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht: Eine Untersuchung der NS-Sondergerichte unter besonderer Berücksichtigung der Anwendung der Verordnung gegen Volksschädlinge, Frankfurt/ Main 2005, S. 235.

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